Eine Privatinsolvenz öffnet Verbrauchern den Weg aus den Schulden. Doch dafür gelten bestimmte Voraussetzungen. Und kostenlos ist sie auch nicht.
Das Wichtigste im Überblick
Wenn Sie Rechnungen nicht mehr bezahlen können, ständig im Dispo sind und diese Probleme nicht alleine lösen können, wird es Zeit, sich professionelle Hilfe zu suchen.
Ein Weg aus der Krise könnte die Privatinsolvenz sein. Diese dauert allerdings mehrere Jahre und fordert Entbehrungen von Ihnen. Wir erklären Ihnen, wie ein Privatinsolvenzverfahren genau abläuft.
Was ist eine Privatinsolvenz?
Mit der Verbraucherinsolvenz, auch Privatinsolvenz genannt, bekommen überschuldete Verbraucher die Möglichkeit, ihre Schulden innerhalb einer bestimmten Frist zu tilgen. Während des Insolvenzverfahrens dürfen allerdings keine neuen Schulden entstehen. Außerdem müssen Schuldner arbeiten oder sich zumindest um Arbeit bemühen (§ 287b InsO).
Während des Insolvenzverfahrens pfändet ein Insolvenzverwalter als Treuhänder so viel verwertbares Vermögen wie möglich und zahlt den Ertrag an die Gläubiger aus. Anschließend folgt die sogenannte Wohlverhaltensphase.
Sie müssen dann nicht nur einen Teil Ihres Einkommens abgeben, sondern auch Lottogewinne sowie die Hälfte des Vermögens aus Erbschaften und Schenkungen (§ 295 Nr. 2 InsO). Nach Abschluss der Wohlverhaltensphase werden Sie von Ihren Restschulden befreit – Sie sind schuldenfrei.
Achtung: Unterhaltszahlungen beziehungsweise Unterhaltsschulden sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn der Schuldner sie vorsätzlich nicht gezahlt hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre (§ 302 InsO). Gleiches gilt für zinslose Darlehen von einer Privatperson, die Sie aufgenommen haben, um die Insolvenzkosten zu zahlen. Sie müssen also auch bei Restschuldbefreiung beides noch zahlen.
Eine Privatinsolvenz können Sie in der Regel nur dann beantragen, wenn Sie keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben oder noch ausüben. Es gibt aber Ausnahmen: Liegen gegen Sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen vor und haben Sie zum Zeitpunkt des Antrags weniger als 20 Gläubiger, können Sie das Verfahren auch als Selbstständiger anstreben (§ 304 Abs. 2 InsO).
Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?
Seit 1. Januar 2021 ist der Neuanfang einfacher: Denn dank einer Reform des Insolvenzrechts dauert es jetzt nur noch drei Jahre statt sechs Jahre, bis Sie bei einer Insolvenz von Ihren Restschulden befreit sind.
Eine solche Verkürzung war früher nur möglich, wenn Sie alle Verfahrenskosten und 35 Prozent der Forderungen der Insolvenzgläubiger beglichen hatten. Diese Voraussetzungen fallen inzwischen weg. Das dreijährige Insolvenzverfahren gilt zunächst befristet bis Mitte 2025.
Achtung: Auch wenn Sie zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben, verkürzt sich Ihr Verfahren. Denn die Bundesregierung hat eine Übergangsregelung beschlossen.
Wie stark es sich verkürzt, hängt davon ab, wann Sie die Privatinsolvenz beantragt haben. Genauer: wie viele Monate zwischen Ihrem Antrag und dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie zur Insolvenzrechtsreform am 16. Juli 2019 vergangen sind.
- Beispiel: Haben Sie die Privatinsolvenz am 11. März 2020 beantragt, verkürzt sich das Verfahren um sieben Monate. Statt sechs Jahre dauert es dann nur fünf Jahre und fünf Monate. Maximal kann sich das Verfahren so auf vier Jahre und zehn Monate verkürzen (bei Antragstellung zwischen dem 17. September 2020 und dem 30. September 2020).
Wie viel Geld darf gepfändet werden?
Über wie viel Geld Sie als Verschuldeter verfügen dürfen, hängt unter anderem davon ab, wie viele Kinder Sie versorgen müssen. Der Wert geht aus der Pfändungstabelle hervor, die das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz alle zwei Jahre aktualisiert.
Derzeit darf ein monatliches Einkommen bis zu einem Betrag von 1.409,99 Euro nicht gepfändet werden. Haben Sie ein oder mehrere Kinder, gelten für Sie höhere Freibeträge.
Der Teil des Gehalts, der über der Freigrenze liegt, wird erst dann voll gepfändet, wenn Ihr Einkommen höher ist als 4.298,81 Euro. Andernfalls dürfen Sie einen Teil davon behalten.
Achtung: Damit die Pfändungsfreigrenzen eingehalten werden, brauchen Sie unbedingt ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto. Dafür beantragen Sie bei Ihrem Kreditinstitut, das Girokonto in ein P-Konto umzuwandeln. So eröffnen Sie ein Pfändungsschutzkonto.
Auto, Laptop und Co.: Was bleibt mir noch?
Bei einer Insolvenz gehört Ihr komplettes Vermögen zur Insolvenzmasse, die Sie dem Treuhänder übergeben müssen – also grundsätzlich auch Auto, Computer, Laptop oder teure Kamera.
Doch keine Sorge: Ein Auto, mit dem Sie zwingend zur Arbeit fahren müssen, bleibt. Gleiches gilt beispielsweise für eine einfache Armbanduhr oder den Ehering.
Wie ist der Ablauf einer Privatinsolvenz?
Zunächst muss man zwischen dem eigentlichen Insolvenzverfahren und der Vorbereitung unterscheiden. Bevor Sie Privatinsolvenz beantragen können, müssen Sie versucht haben, sich mit Ihren Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Diese außergerichtliche Schuldenregulierung ist laut Insolvenzverordnung verpflichtend.
Dafür wenden Sie sich am besten an eine kostenlose Schuldnerberatung. Achten Sie aber darauf, dass es sich um eine anerkannte Beratung handelt. Wo Sie die nächstgelegene Schuldnerberatung finden, zeigt Ihnen der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamts. Alternativ können Sie sich auch einen Anwalt nehmen, dieser kostet Sie jedoch etwas.