Peking Experten warnen vor einer zunehmenden Abhängigkeit Europas von der chinesischen Chipindustrie. China verfüge bereits über ein wesentlich stärkeres Ökosystem für Chipdesign als Europa und könne durch hohe Investitionen schneller skalieren, heißt es in einer gemeinsamen Analyse des Berliner China-Thinktanks Merics und der Stiftung Neue Verantwortung. Der Bericht liegt dem Handelsblatt vor. „Unter diesen Bedingungen wird Europa zunehmend auf Chips aus China angewiesen sein“, warnen die Autoren.
Zwar seien die Ausgaben der chinesischen Chipdesign-Firmen für Forschung und Entwicklung im Vergleich zu globalen Wettwerbern deutlich kleiner. Dieses Bild ändere sich jedoch mit dem Eintritt großer, zahlungskräftiger chinesischer Anbieter von Internetplattformen, die in andere Bereiche diversifizieren, wie Baidu, Alibaba und Tencent, in den Markt für Chipdesign und mit der zunehmenden Verfügbarkeit staatlicher und privater Risikokapitalinvestitionen erheblich, heißt es in der Analyse.
Chinesische Internetplattformanbieter entwickeln inzwischen genauso wie ihre amerikanischen Konkurrenten ihre eigenen Chips. Es gebe in der Folge bereits jetzt eine wachsende Liste innovativer Chipdesigns, die von chinesischen Unternehmen angekündigt worden seien, heißt es in der Studie.
Halbleiter seien das Rückgrat des digitalen und grünen Wandels und von großer Bedeutung für alle Industriezweige in Europa, betonte kürzlich der Vorsitzende der Geschäftsführung des Zentralverbands der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, Wolfgang Weber. Allein die Nachfrage nach Leistungshalbleitern werde sich bis 2030 verdreifachen.
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China importiert derzeit mehr Halbleiter als Rohöl
China hat einen riesigen Bedarf an Halbleitern, kann allerdings nur einen Bruchteil dessen durch Unternehmen im eigenen Land decken. Im Jahr 2020 importierte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt Chips für 350 Milliarden US-Greenback – mehr als der Wert des im selben Jahr importierten Rohöls, so die Zolldaten des Landes.
Um ihre Halbleiterindustrie aufzubauen, investiert die Volksrepublik seit Jahrzehnten Milliarden in den Bereich. Aufgrund der massiven Subventionen in die Halbleiterbranche conflict es in diesem Jahr zu einem Growth bei Neugründungen gekommen.
Die EU will nun mit einem „European Chips Act“ gegenhalten, einem Gesetzespaket zur Stärkung der europäischen Chipbranche, das im kommenden Jahr auf den Weg gebracht werden soll. Ein erklärtes Ziel der EU-Kommission: strategische Abhängigkeiten reduzieren und die Versorgungssicherheit verbessern.
In der EU seien „erhebliche Investitionen in das schrumpfende Chipdesign-Ökosystem“ nötig, mit einem Schwerpunkt auf die Verbesserung der Bedingungen für Begin-ups, kleine und mittlere Unternehmen und Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen, empfehlen die Studienautoren von Merics und der Stiftung Neue Verantwortung. Zudem müsse Europa seine Place bei Montage, Check und Verpackung der Chips stärken. China verfüge dort bereits über eine starke Stellung im internationalen Markt.
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