Dortmund präsentiert sich gastfreundlich: Ein sanierter Hauptbahnhof wartet jetzt auf die Gäste der Stadt. Das Ereignis wurde ein bisschen zu sehr gefeiert.
In wenigen Tagen ist Europa zu Gast in Dortmund, und noch pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft wurde am Montag der umgebaute, nun barrierefreie Bahnhof feierlich eröffnet. Nach sechs Jahren Bauzeit ist die umfassende Modernisierung des größten Bahnhofs im Ruhrgebiet nun abgeschlossen. Keine Frage, es ist äußerst löblich, wie die Deutsche Bahn für die internationalen Gäste in Dortmund reinemacht – das zeichnet einen guten Gastgeber aus. Was ihn weniger auszeichnet, ist zu lautes Prahlen.
Etwas zu laut brüsteten sich die Verantwortlichen des Bahnprojektes am Montag in Dortmund. Man habe durch Modernisierung des Bahnhofs einen „Quantensprung“ gemacht, feierte sich hier die Deutsche Bahn. Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) zelebriert die Fertigstellung ebenfalls, wenn auch mit etwas weniger euphorischen Worten. Und auch auf landes- und bundespolitischer Ebene will man zeigen: Die EM kann kommen, wir haben aufgeräumt – so waren NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und die Staatssekretärin des Bundesverkehrsministeriums, Susanne Henckel, für die glanzvolle Eröffnung zugegen. Krischer sprach sogar von der „Champions League“ der deutschen Bahnhöfe. Ganz großer Bahnhof also für den Bahnhof. Dabei wäre es besser gewesen, den Ball flach zu halten.
Denn: was hier groß gefeiert wurde, ist eigentlich ein tiefes Ärgernis. Fahrgäste der Deutschen Bahn mussten über Jahrzehnte auf die Modernisierung und einen barrierefreien Zugang zu sämtlich Gleisen warten. So wurden Menschen mit Behinderung, die den überregionalen Fernverkehr nutzen wollten, Jahr für Jahr auf einen fragwürdigen Lastenaufzug und Tunnelzugang verwiesen.
Grund für den bis 2017 maroden Zustand des Dortmunder Hauptbahnhofs ist eine Fehlplanung seitens Dortmunder Kommunalpolitik, aber auch der Deutschen Bahn: So wurde bereits im Jahr 1997 ein Neubau diskutiert. Angeführt vom ehemaligen Bürgermeister Ulrich Sierau – damals zuständiger Baudezernent – sah die ursprüngliche Planung eines überdimensionierten Ufos vor. Geplant war ein 55 Meter hohes Gebäude mit acht Stockwerken. Bis 2002 sollte das 850-Millionen-DM-Projekt fertiggestellt werden. Doch kurz vor knapp sprang der Hauptinvestor ab. Auch die Folgepläne, die eine Fertigstellung vor der WM 2006 vorsahen, platzten. Dieses Mal war es die Bahn, der die hochtrabenden Bahnhofpläne zu gewagt waren.
Erst im Zuge des Rhein-Ruhr-Express-Ausbaus (RRX) keimte in Dortmund neue Hoffnung auf. Sechs Jahre ist es nun her, dass der erste Spatenstich erfolgte. Klar: Besser zu spät als nie. Dennoch – zu laut feiern sollten Politik und Bahn die Eröffnung des Bahnhofs eher nicht. Zumal die Bauarbeiten nach der EM auf Gleis 1 weitergehen – bis Januar 2025, schätzt die Bahn.