Euphorie für einzelne Aktien gehört zur Börse dazu. Doch irgendwann kann die Stimmung kippen. Hat es ein CEO nun zu weit getrieben?
In den vergangenen Tagen machte unter Börsianern ein Foto die Runde, das mehr über den KI-Hype und Nvidia erzählt als manche Aktienanalyse. Natürlich ist die Steigerung des Unternehmenswertes bei Nvidia atemberaubend. Denn die Firma ist an der Börse nunmehr mit 2,63 Billionen Euro bewertet, hat Apple überholt und sich auf Rang zwei der Firmen weltweit geschoben. Dass der Kurs seit Anfang 2023 von 140 auf 1.050 Euro eskaliert ist, sagt auch einiges.
Doch wenn der Nvidia-CEO Jen-Hsun Huang dabei zu sehen ist, wie er das Oberteil eines weiblichen Fans in Höhe der Brüste signiert, dann kippt die Euphorie langsam in Wahnsinn. Erinnerungen an den Neuen Markt werden wach: Einst, zum Jahrtausendwechsel, wurden Cisco magische Kräfte zugeschrieben. Nichts sollte ohne Cisco möglich sein. Es folgte der Absturz der Firma.
Das muss bei Nvidia keinesfalls so kommen, doch niemand sollte sich wundern, wenn das Signieren von Brüsten Aufgalopp für eine dicke Korrektur beim Aktienkurs sein könnte. Häufiger, als man denkt, sind die weichen Signale Auslöser. Dazu gehören auch die Suche bei Google und das tägliche Aufleuchten von Nivdia in den meistgesuchten Kurslisten bei Smartbroker, der Börse Stuttgart oder am Münchner Börsenplatz Gettex. Übrigens dicht gefolgt vom Rüstungskonzern Rheinmetall, der so langsam etwas an Kurspower verliert.
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Wer nun einwendet, dass man mit Nvidia bisher nichts falsch machen konnte, hat auf Rekordlevel selbstredend völlig recht. „Im vergangenen Jahr steuerten die sieben Tech-Riesen knapp 90 Prozent zum Wachstum des US-Marktes bei, im Jahr 2024 liegt der Anteil bisher bei 45 Prozent, obwohl Tesla seit Jahresbeginn rund 30 Prozent verloren hat“, rechnet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets vor. Die Performance spricht für sich, operativ weisen die Giganten robuste Geschäftsmodelle mit teilweise traumhaften Margen auf.
Eine Achillesferse gibt es dennoch: Die „Magnificent Seven“ – also die sieben an der Börse wertvollsten Firmen der Welt – sind alle im Technologiesektor tätig und profitieren vor allem vom Hype um Künstliche Intelligenz (KI). Wer entsprechende Zertifikate kauft, nimmt somit ein gewisses Klumpenrisiko in Kauf. Dies gilt umso mehr, wenn im Depot auch Wertpapiere enthalten sind, die US-Aktienindizes abbilden. „Die Tech-Aktien weisen eine hohe Gewichtung auf und bestimmen daher maßgeblich die Richtung der Indizes“, so Stefan Riße von Acatis.
Der Technologieindex Nasdaq zum Beispiel wird von Nvidia gezogen und die Analysten schrauben ihre Kursziele immer höher. Dies muss aber nichts heißen, sind sogenannte Sell-Side-Analysten doch sehr oft rein trendfolgend und erzählen Investmentbanken wie Goldman Sachs dann in internen Calls etwas ganz anderes.
So ist die jüngste Aussage von Goldman, dass „der Chiphersteller [Nvidia] auf absehbare Zeit den Standard setzen wird im Bereich Beschleunigtes Computing“, nichts anderes als eine Mindestanforderung. Denn sonst wäre Nvidia kaum mit 2,63 Billionen bewertet und könnte bei 1.000 Dollar und mehr einen 10:1-Aktiensplit ansetzen.
Gerade jetzt, da die Kurse der KI-Titel so wunderschön aussehen, sollte man sich über etwas mehr Struktur im Depot Gedanken machen, sofern man arg techlastig unterwegs ist. „Denn im Idealfall setzt sich ein Aktienkorb aus Unternehmen zusammen, die in unterschiedlichen Sektoren aktiv sind, ein gutes Gewinnwachstum aufweisen, seit vielen Jahren hohe und stabile Marge aufweisen, nachhaltige Dividenden zahlen und mit geringer Volatilität glänzen“, so RoboMarkets-Analyst Molnar. Diese Unternehmen gibt es und sie tragen das recht lustige Kürzel Granolas.