Hamburg wird in den kommenden Wochen zum Schauplatz von fünf EM-Spielen. Doch was löst das bei den Bewohnern der Hansestadt aus?
„Wenn ich an die Fanmeile denke, wird mir schlecht“, sagt Bente und entgegnet ein entschlossenes „Nö“ auf die Frage, ob sie sich auf die EM freue. Die 30-jährige Hamburgerin blickt mit einem unguten Gefühl auf die kommenden Wochen. „Ich denke, bei der derzeitigen politischen Lage braucht es nicht noch mehr Nationalstolz. Mir bereitet das Angst“, sagt sie und ist mit ihrer Sorge nicht allein.
Fast jeder Zweite blickt mit Sorge auf die Europameisterschaft in Deutschland. Insbesondere die Angst vor Terroranschlägen ist groß. Das hat eine aktuelle Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergeben. Nur rund 32 Prozent der Befragten würden demnach Vorfreude auf das Fußballturnier im eigenen Land empfinden.
Mit eher gemischten Gefühlen blickt auch das Ehepaar Ade auf das Fußballturnier. Die tödliche Messerattacke in Mannheim, bei der ein Polizist starb, hat auch Jens Ade ein mulmiges Gefühl verschafft. „Hoffentlich passiert nichts“, sagt er mit Blick auf die fünf EM-Spiele in Hamburg.
Besonders unsicher fühlen sich er und seine Frau in Hamburg aber eher nicht. Angelika Ade gibt jedoch zu bedenken, dass sie nur ungern zum größten Public Viewing in Hamburg gehen wolle. Das findet auf dem Heiligengeistfeld statt. Bis zu 40.000 Menschen finden dort Platz. „Dann doch lieber im kleineren Kreis, das fühlt sich für mich besser an“, sagt sie. Eins sei in den Augen ihres Mannes klar: „Die EM wird für die Polizei eine enorme Herausforderung.“
In Hamburg hat die Polizei jüngst ihr Sicherheitskonzept für die Stadt vorgestellt. „Wir werden die gesamten vier Wochen während der Europameisterschaft mit der gesamten Polizei Hamburg arbeiten – und damit meine ich wirklich die gesamte Polizei Hamburg“, sagte Matthias Tresp als Leiter der Schutzpolizei. An einzelnen Tagen dürften dann rund 3.500 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz sein.
Zuletzt betonte die Polizei jedoch wiederholt: Konkrete Erkenntnisse über bevorstehende politisch motivierte Kriminalität oder Sportgewalt gebe es bislang nicht. „Auch nach dem Geschehen in Mannheim hat sich an der Einschätzung der Gefährdungslage für Hamburg keine Änderung ergeben“, teilte ein Polizeisprecher mit.
In Hamburg blicken längst nicht alle Menschen mit Sorge auf die EM. „Ich freue mich schon“, sagt die 18-jährige Rieke. Sie hat vom Sommermärchen 2006 bislang nur Erzählungen gehört. Nun wünscht sie sich, selbst einmal dabei zu sein.
„Wir haben gerade darüber gesprochen, ob das Wetter zu den Spielen wohl gut wird“, sagt ihre Mutter Tatjana, die sich bei Rieke untergehakt hat und mit ihr durch die Innenstadt schlendert. „Mit Sonne wäre das Ganze natürlich schöner.“ Um die Sicherheit sorgen sich die beiden eher nicht. Sie vertrauen auf die Arbeit der Polizei.
„Es wäre toll, wenn wieder ähnliche Gefühle wie 2006 aufkommen – gute Stimmung und Zusammenhalt“, sagt die 55-Jährige und lächelt optimistisch. „Damals hat sich international ein neues Bild von Deutschland verbreitet. So etwas könnten wir gerade wieder gebrauchen.“