Neue Hoffnung im Kampf gegen das Restless-Legs-Syndrom: In einer umfangreichen genetischen Studie wurden neue Therapieansätze entdeckt, die Betroffenen helfen könnten.
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist eine weit verbreitete neurologische Erkrankung, die vor allem abends und nachts zu einem quälenden Bewegungsdrang in den Beinen führt. Daraus resultieren häufig chronische Schlafstörungen, die erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben der Betroffenen haben können. Schätzungen zufolge sind allein in Deutschland drei bis zehn Prozent der Bevölkerung betroffen. Eine Heilung der Erkrankung ist bisher nicht möglich.
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Nature Genetics“, bietet nun neue Einblicke in die genetischen Ursachen des Syndroms und deutet auf mögliche innovative Behandlungsmöglichkeiten hin.
„Zum ersten Mal sind wir jetzt in der Lage, das Risiko für RLS ausreichend zu bewerten. Es war ein langer Weg, aber jetzt haben wir die Möglichkeit, RLS nicht nur zu behandeln, sondern auch zu verstehen, wie wir diese Erkrankung verhindern können“, erklärte Prof. Juliane Winkelmann, Direktorin des Instituts für Humangenetik an der Technischen Universität München (TUM) und des Instituts für Neurogenomik von Helmholtz Munich.
Das Problem bei der Erkrankung: Die genauen Ursachen sind bislang noch nicht vollständig bekannt. Wahrscheinlich werden Signale im Nervensystem fehlerhaft übermittelt, weil der Stoffwechsel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn gestört ist. Dieser sogenannte Neurotransmitter spielt eine wichtige Rolle bei der Weiterleitung von Signalen zwischen den einzelnen Nervenzellen.
Diese Störung kann die Folge einer Erkrankung sein, wie einer Niereninsuffizienz, Multipler Sklerose oder eines Eisen- beziehungsweise Folsäuremangels. Weitaus häufiger ist die Ursache jedoch unbekannt. Mehr Informationen zu den Ursachen finden Sie hier.
Zudem scheint es eine erbliche Komponente bei der Erkrankung zu geben. Bereits ältere Studien zeigten, dass bei Menschen mit unruhigen Beinen bestimmte Genvarianten häufiger vorkommen. Inwiefern diese tatsächlich die Erkrankung verursachen, ist jedoch noch nicht gänzlich geklärt. Dennoch können sie wichtige Ansatzstellen für Therapien sein, wie die Autoren der aktuellen Studie schreiben.
Das Team von Forschenden der TUM, des Helmholtz-Instituts sowie der Cardiovascular Epidemiology Unit der Universität Cambridge hat für seine Studie drei Analysen zum RLS kombiniert, in denen jeweils die gesamten genetischen Informationen eines Menschen untersucht wurden. Auf diese Weise haben sie einen Datensatz mit genetischen Informationen von mehr als 100.000 Patientinnen und Patienten erstellt.
Das Ergebnis der großangelegten genetischen Untersuchung: Die Forschenden haben 142 neue Gene gefunden, die mit einem erhöhten Risiko für RLS verbunden sind. Damit steigt die Zahl der Risikogene – und potenzieller Arzneimittelziele – von 22 auf 164. 13 Gene davon können bereits mit zugelassenen Medikamenten für andere Erkrankungen angesprochen werden. Damit schaffen die Forschenden viele neue Ansätze für zukünftige Therapien.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass RLS auch einen Risikofaktor für Typ-2-Diabetes darstellt. Diese überraschende Verbindung könnte weitere Forschungen in Richtung einer ganzheitlichen Betrachtung der Krankheit anregen.
Restless-Legs-Syndrom: Behandlung nicht immer einfach
Das Syndrom zeichnet sich durch Symptome wie unangenehmes Kribbeln oder Schmerzen in den Beinen aus, die vor allem während Ruhephasen intensiver werden. Das Problem ist: Das Restless-Legs-Syndrom kann viele verschiedene Ursachen haben. Oft lässt sich auch gar kein Auslöser für die Krankheit finden. Dementsprechend kompliziert ist es, eine geeignete Behandlung zu finden.
Ist die Ursache Ihrer unruhigen Beine bekannt, wird diese gezielt behandelt. Wenn nicht klar ist, woher das Restless-Legs-Syndrom kommt, können verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen. Ob für Sie Arzneimittel infrage kommen, hängt jedoch davon ab, wie stark Sie unter Ihren Beschwerden leiden – und ob Sie die Mittel vertragen. Denn manchmal stellen sich bei der Behandlung mit den Medikamenten (vor allem L-Dopa und Dopamin-Agonisten) Komplikationen ein. Dann können notfalls Opioide (wie Oxycodon) oder Antiepileptika (wie Pregabalin, Gabapentin) zum Einsatz kommen.
Sind die Beschwerden durch das Restless-Legs-Syndrom eher leicht, können unter Umständen Hausmittel beziehungsweise einfache, nicht-medikamentöse Maßnahmen helfen. Mehr dazu hier.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie haben aus Sicht der Autoren das Potenzial, das Leben von Millionen von RLS-Patienten erheblich zu beeinflussen. Mit ihnen können verbesserte, personalisierte Maßnahmen entwickelt werden, die darauf abzielen, die Krankheit effektiv zu behandeln oder sogar präventiv anzugehen. Allerdings ist noch weitere Forschung nötig, bis diese Maßnahmen und Medikamente tatsächlich Einzug in das Gesundheitssystem halten.