Seit 1982 arbeitet Petra Wojtke-Gummert als Lehrerin in Berlin, seit 15 Jahren an einer Gemeinschaftsschule. Leistung spiele noch eine große Rolle, sagt sie – doch längst nicht bei allen.
Die Wirtschaft stagniert. Schuld daran sei auch, dass Deutschland sich vom Leistungsgedanken verabschiedet, kritisieren Politiker und Unternehmer. Stimmt das? Wie denken die Menschen im Land darüber? Und was verstehen wir eigentlich unter Leistung? t-online geht diesen Fragen in einer Serie nach, lässt dazu bekannte und unbekannte Menschen zu Wort kommen. In dieser Folge:
Petra Wojtke-Gummert, 64, Lehrerin an einer Schule im Nordosten Berlins
„Leistung muss sein und ist ein positiver Antrieb. Ich kann das nur befürworten. Sie wird von unseren Arbeitnehmern verlangt und ist eine Triebkraft, die in der Gesellschaft gebraucht wird.
Als Lehrerin ist meine Leistung immer an die Noten meiner Schüler gebunden. Meine Aufgabe ist es, die Kinder und Jugendlichen bestmöglich auf Prüfungen vorzubereiten. Da setze ich alles daran, das ist das Ziel. Damit einher geht die Erziehungsarbeit im Unterricht: Ich vermittele den Schülern lebensnotwendige Werte. Das sind für mich die Gradmesser meiner Leistung.
Der Leistungsdruck als Lehrerin ist in der Anfangszeit hoch. Das habe ich in jungen Jahren selbst erfahren. Meine Eltern und Großeltern haben im landwirtschaftlichen Bereich gearbeitet. Das wollte ich auch, habe sogar meinen Traktor-Führerschein gemacht. In der elften Klasse ist ein Lehrer dann auf mein sprachliches Talent aufmerksam geworden. So wurde ich Lehrerin für Deutsch und Russisch. Meine Eltern waren von der Idee überzeugt. Sie dachten: ‚Okay, halben Tag Unterricht, halben Tag frei, das Geld stimmt. Wunderbar‘.
Zur Person
Petra Wojtke-Gummert ist 64 Jahre alt und in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen. Seit 1982 unterrichtet sie in Berlin, vor 15 Jahren wechselte sie von einem Gymnasium an die Mozart-Gemeinschaftsschule im Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Die Schule galt früher als Brennpunktschule. Im kommenden Sommer geht Wojtke-Gummert in Rente.
Später kamen sie ins Zweifeln. Sie sahen, dass ich für meine allererste Unterrichtsstunde 17 Stunden Vorbereitung benötigte. Die ersten Jahre als Sprachlehrerin waren generell hart. Ich bereitete alle Unterrichtsstunden vor und nach – am Morgen, am Abend und bis spät in die Nacht. Als ich am Gymnasium war, wurde es noch heftiger. Es vergingen in der Anfangszeit keine Ferien, in denen ich nicht Klausuren korrigieren musste. Ich musste hart arbeiten, um meine Leistung zu erbringen.
An der Schule, an der ich jetzt seit 15 Jahren arbeite, haben sich die Anforderungen geändert. Und klar, ich bin auch älter geworden: Ich habe meine Erfahrungen gesammelt, viel Unterrichtsmaterial beisammen und weiß, wie ich mich im Unterricht zu verhalten habe. Dadurch brauche ich mich jetzt mit 64 Jahren kaum noch vorzubereiten.
Junge Lehrer wollen auch bestmögliche Prüfungsergebnisse für die Schüler erreichen und erzieherische Werte vermitteln. Sie haben ebenfalls diesen Leistungsgedanken. Ich habe aber festgestellt, dass sie sich älteren Kollegen gegenüber, die zum Beispiel nicht mit der digitalen Technik aufgewachsen sind, teilweise überheblich verhalten.
Klar ist, dass jüngere Lehrer einen anderen Ansatz haben. Da prallen dann zwei Welten aufeinander. Aber über die Zeit haben wir uns angenähert und profitieren nun voneinander: sie von unserer Erfahrung und wir unter anderem von ihrem technischen Know-how.
Ein Antrieb für meine Leistung ist der spätere Erfolg der Schüler. Den bekomme ich allerdings nur höchst selten mit. Schüler haben es hier nicht leicht, wenn sie richtig gut sind. Wer vier Jahre bei uns an der Gemeinschaftsschule im Nordosten Berlins ist, hat es absolut schwer, an ein normales Gymnasium zu wechseln. Ich traf neulich beim Einkaufen die Mutti eines ehemaligen Schülers, der es geschafft hatte. Ich hatte die Fähigkeiten des Schülers damals erkannt und ihn unterstützt. Und nun erfuhr ich, dass er sein Abitur gemacht hat, dann seinen Bachelor. Er arbeitet jetzt erfolgreich als IT-Administrator bei der BSR. Ein glorreiches Beispiel dafür, was mit Leistung erreichbar ist.
Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen
Im Schuljahr 2022/23 gab es insgesamt 11,1 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Das sind laut Statistischem Bundesamt 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Im gesamten Bundesgebiet gibt es knapp 33.000 allgemeinbildende Schulen. Die aktuelle Pisa-Studie stellte deutschen Schülern Anfang Dezember ein schlechtes Zeugnis aus. Ein Grund dafür sei unter anderem die Corona-Pandemie. Mehr dazu lesen Sie hier.
Am Gymnasium hat man solche Erfolge häufiger. Man bringt Talente auf den Weg und sieht Jahre später, dass aus ihnen Theaterwissenschaftler oder Doktoren oder gar Professoren geworden sind. Genau für solche Momente macht man den Job.