Rheinmetall auf neuer Mission: Mit einem überraschenden Sponsoring-Deal präsentiert sich der Waffenhersteller einem Millionenpublikum. Das ungewöhnliche Bündnis birgt Chancen – wirft aber auch ethische Fragen auf.
Wer noch nicht wusste, wer oder was Rheinmetall ist, dürfte es spätestens seit diesem Mittwoch wissen. Denn: Deutschlands größter Rüstungskonzern, Dax-Unternehmen und einer der weltweit führenden Hersteller von Waffen und Munition wird neuer Sponsor des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund.
Bisher haben sich Rüstungskonzerne in Deutschland mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten eher zurückgehalten. Wohl auch, weil sie um die Kritik in weiten Teilen der Bevölkerung an ihrem Geschäftsmodell wissen. Seit dem russischen Angriffskrieg hat sich jedoch etwas gedreht im Land. Mit dem Sponsoring kommt der Konzern nun aus der Deckung. Es geht um ein neues Image. Und auch Anleger könnten profitieren.
Traditionsunternehmen aus der Automobilbranche
Rheinmetall, dessen Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen, gehörte einst zu den Motorenspezialisten der ersten Automobilgeneration. Heute fungiert die Aktiengesellschaft als Holding. Das Unternehmen beschäftigt rund 28.600 Mitarbeiter. Die Konzernzentrale ist in Düsseldorf ansässig. Untergeordnet sind unter anderem die Tochtergesellschaften Automotive und die Defence-Sparte.
Während Automotive Module und Systeme rund um den Motor produziert, gehört die Defence-Sparte von Rheinmetall zu den namhaften Adressen der internationalen Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie. Gebaut werden Rüstungsgüter aller Art: Panzer, Panzerungen für Fahrzeuge, Geschützrohre, Luftabwehr, Drohnen und Munition. Diese Schutzsysteme sollen vor allem der Verteidigung dienen.
Gleichzeitig produziert Rheinmetall aber auch Waffen, die offensiv eingesetzt werden können, wie Artilleriesysteme (Panzerhaubitze 2000), Mörsergranaten, Bomben und Lenkwaffensysteme. Diese Waffen sind zwar offiziell für die Landesverteidigung konzipiert, könnten aber ebenso für Angriffszwecke missbraucht werden.
Der Rüstungskonzern betont ausdrücklich, dass weder das Unternehmen noch Tochtergesellschaften Streumunition, Munition mit angereichertem Uran oder andere durch das Völkerrecht im „Osloer Vertrag“ geächtete Waffen herstellen.
Großaufträge treiben Geschäfte voran
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich die Weltlage verändert. Die Bundesregierung hat den russischen Angriff scharf verurteilt und als Zäsur für Deutschland bezeichnet. „Wir erleben eine Zeitenwende“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Sondersitzung des Bundestages und kündigte zudem deutliche Mehrausgaben für das Militär an.
Von diesen zusätzlichen Mitteln der Bundesregierung profitiert Rheinmetall. Aus einem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr bekommt der Konzern nach eigener Schätzung Schritt für Schritt etwa 30 Milliarden – verteilt auf einen Zeitraum von mehreren Jahren, was bei Rüstungsaufträgen üblich ist.
Die hohe Nachfrage nach Rüstungsgütern wegen des Krieges in der Ukraine beschert dem Dax-Unternehmen einen Großauftrag nach dem anderen. Beispielsweise hat der Konzern im vergangenen Jahr Artilleriemunition an die Ukraine im Wert von rund 142 Millionen Euro erhalten. Produziert werden sollen Artilleriegranaten des Kalibers 155 Millimeter.
Der Konzern liefere außerdem eine dreistellige Zahl von Waffenrohren für die Panzerhaubitze 2000 an einen Nato-Mitgliedsstaat, heißt es aus Unternehmenskreisen. Der Auftrag habe einen Wert von rund 300 Millionen Euro.
Rheinmetall ist beauftragt, 25 Kampfpanzer des Typs Leopard 1A5 an die Ukraine zu liefern, hinzu kommen fünf Berge- und zwei Fahrschulpanzer (Leopard 1). Die Auslieferung soll noch in diesem Jahr erfolgen.
Zudem will Rheinmetall in der Ukraine die ersten Panzer bauen. Im Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“ erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger, dass er im Spätsommer nach Abschluss entsprechender Verträge mit der Ukraine den Bau des radgetriebenen Transportpanzers Fuchs erwarte. Der Puma-Konkurrent Lynx könne im Sommer 2025 folgen.
Kontrolle durch den Bundestag
Das Rüstungsunternehmen darf jedoch nicht aus wirtschaftlichen Gründen – zum Beispiel zur Steigerung des Gewinns – Waffen in jedes beliebige Land exportieren. In Deutschland gilt das sogenannte Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG). Es regelt Genehmigungsverfahren und Pflichten im Umgang mit Kriegswaffen.
Vor allem soll es Vorbereitungen für einen Angriffskrieg und alle Handlungen verhindern, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören. Das Kriegswaffenkontrollgesetz dient in erster Linie der Friedenssicherung und Kriegsverhinderung. Zudem soll es das deutsche Ansehen im Ausland und die innere Sicherheit schützen.