Pflegen Sie allein Ihre Mutter oder Ihren Vater, steht Ihnen später ein höherer Erbteil als Ihren Geschwistern zu. Wie sich der Anspruch umsetzen lässt.
Das Wichtigste im Überblick
Die Pflege von Angehörigen ist in der Regel sehr zeitintensiv. Wer diese Aufgabe übernimmt, steckt dafür im Privatleben zurück, oft auch im Job. Um diesen Nachteil auszugleichen, sieht der Gesetzgeber im Erbfall einen Ausgleich vor. Wie dieser genau aussieht, für wen er gilt und wie Sie zu Ihrem Recht kommen.
Was ist der Ausgleich für Pflege beim Erbe?
Einen Ausgleich für Pflege erhalten Erben, die ihre Mutter oder ihren Vater allein gepflegt haben, obwohl es noch weitere Kinder gibt, die diese Aufgabe hätten übernehmen können. Lebt der erbberechtigte Elternteil nicht mehr, gilt das auch für pflegende Enkel.
Konkret bedeutet das, dass der Nachlass unter den erbenden Geschwistern nicht gleich aufgeteilt wird, sondern der Pflegende einen größeren Erbteil erhält. Es geht dabei nicht darum, gegenüber anderen Familienmitgliedern bevorteilt zu werden, sondern vielmehr um das Gegenteil: Der gesetzliche Ausgleichsanspruch soll die entstandenen Nachteile kompensieren.
Welche Voraussetzungen muss ich für den Ausgleich erfüllen?
Neben dem Fakt, dass Sie in direkter Nachkommenschaft zur gestorbenen Person stehen, müssen Sie für den Ausgleich nachweisen können, dass die Pflege „über normale und übliche Unterstützungsleistungen in der Eltern-Kind-Beziehung hinausgehen“, sagte Ralf Mangold, Fachanwalt für Erbrecht in Köln zu „Finanztest“. Auch müsse die Pflege über „eine gewisse Dauer“ erfolgt sein.
Wichtig ist: Um Ihren Anspruch durchsetzen zu können, sollten Sie ein ausführliches Pflegeprotokoll oder Pflegetagebuch führen, das der Pflegebedürftige idealerweise Tag für Tag selbst unterschreibt. Folgendes sollte dort aufgeführt sein:
- Daten und Uhrzeiten der Pflege,
- einzelne Pflegeleistungen pro Tag,
- Nachweise über Kosten, die Ihnen entstanden sind.
Der Ausgleich für Pflege entfällt, wenn Sie schon zu Lebzeiten des Pflegebedürftigen ein angemessenes Entgelt für Ihre Leistung von ihm bezogen haben – beispielsweise indem er Ihnen sein Pflegegeld von der Pflegekasse auszahlt hat.
Wie viel bringt mir der Ausgleich für Pflege?
Über diesen Punkt gibt es innerhalb der Erbengemeinschaft regelmäßig Streit. Denn es gibt keine gesetzliche Berechnungsgrundlage, anhand derer Sie die konkrete Vergütung der Pflege ermitteln können. Stattdessen müssen sich die Erben untereinander einigen.
Laut „Finanztest“ entscheiden auch die Gerichte nicht einheitlich. Ein Fall aus dem Jahr 2020 zeigt jedoch beispielhaft, um welche Größenordnung es geht: So sprach das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einem Sohn, der zehn Jahre lang seine demenzkranke Mutter gepflegt hatte, 40.000 Euro des insgesamt 166.000 Euro umfassenden Nachlasses zu (Az. 13 U 31/18).
Grundsätzlich wägen die Gerichte ab zwischen Umfang und Dauer der Pflege sowie dem Wert des Nachlasses und den Vermögensinteressen der Miterben. Wichtig ist auch, ob die Pflegeleistung dazu beigetragen hat, den Nachlass zu erhalten – etwa indem hohe Pflegeheimkosten vermieden wurden. Lesen Sie hier, wie viel die Unterbringung im Pflegeheim kostet.
Tipp
Bahnt sich Streit um den Nachlass an, sollten Sie einen Fachanwalt für Erbrecht zurate ziehen.
Wie lässt sich einem Streit um den Nachlass vorbeugen?
Idealerweise regelt der Erblasser bereits zu Lebzeiten, wie sein Nachlass unter den Kindern oder Enkeln aufgeteilt wird – und wie der pflegende Angehörige ausgeglichen wird. Am einfachsten geht das per Testament. Damit können Sie auch Personen bedenken, die nicht Ihre direkten Nachkommen sind. Lesen Sie hier alles, was Sie übers Erben und Vererben wissen sollten.