Die Verkehrswende in Deutschland kommt nicht recht voran. Dabei gibt es eine einfache Lösung. Wie das Fahrrad zum Retter für Klimaziele und Lebensqualität werden kann.
Die Klimabilanz des Verkehrssektors bleibt der Knackpunkt für die deutschen Klimaziele. Während andere Sektoren Fortschritte machen, stagniert der Ausstoß klimaschädlicher Gase auf Deutschlands Straßen auf hohem Niveau. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts zeigt einen Lösungsansatz: Mehr Radverkehr könnte die Klimabilanz Deutschlands entscheidend verbessern.
Das Potenzial ist enorm: Würden bis 2035 rund 45 Prozent aller Kurzstrecken bis 30 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt, ließen sich die Treibhausgasemissionen um 19 Millionen Tonnen oder 34 Prozent reduzieren. Derzeit liegt der Radverkehrsanteil auf diesen Strecken erst bei 13 Prozent.
Doch der Weg zur Fahrradrepublik ist steinig. Nötig sei eine „einladende Infrastruktur“, die das Fahrrad zur ersten Wahl macht, sagt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Dazu gehören lückenlose, vom Autoverkehr getrennte Radwege, Park&Ride-Angebote und eine Stadt der kurzen Wege mit Vorrang für den Radverkehr.
„Wenn Deutschland die Klimaziele und eine hohe Lebensqualität ernst nimmt, muss das Fahrrad der neue Goldstandard der Mobilität werden“, fordert ADFC-Bundesgeschäftsführer Frank Masurat. Dazu müsse die Verkehrspolitik aber „den ambitionslosen ‚Weiter wie bisher‘-Kurs“ verlassen.
Zwar will die Ampelkoalition Deutschland zum „Fahrradland“ machen und fördert Radwege. Doch der Ausbau geht dem ADFC zu langsam – es drohen sogar Mittelkürzungen. Andere Länder sind deutlich weiter: In den Niederlanden, Belgien und Dänemark sind mehr als 60 Prozent der Radverkehrsinfrastruktur fertiggestellt.
Städte wie Utrecht (Niederlande), Kopenhagen (Dänemark) oder auch Münster (Nordrhein-Westfalen) mit einem Radverkehrsanteil von über 40 Prozent zeigen, was möglich ist. „Gute Fahrradstädte zeichnen sich dadurch aus, dass Politik und Verwaltung das Fahrrad als Verkehrsmittel für Alltagswege wirklich ernst nehmen“, sagt Stephanie Krone vom ADFC.
Viele Deutsche wären laut Fraunhofer-Umfrage bereit, deutlich häufiger aufs Rad zu steigen, wenn die Bedingungen so gut wären wie in den Niederlanden. Die Chancen für eine Verkehrswende stehen also nicht schlecht.
Übrigens: Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland bei der Betrachtung des gesamten Radwegnetzes erstaunlich gut ab. Der Europäische Radfahrerverband (ECF) hat das Verhältnis von ausgebauter Radverkehrsinfrastruktur zu öffentlichen Straßen berechnet. Dieser Wert liegt in Deutschland bei 33,6 Prozent. Das heißt: Auf etwa drei Straßen kommt ein Radweg. Damit liegt Deutschland an fünfter Stelle hinter Liechtenstein, den Niederlanden, Belgien und Dänemark.