Die AfD darf in Europa nicht mehr bei der Fraktion „Identität und Demokratie“ mitmischen. Aus Bulgarien kommt nun eine Alternative für die Alternative. Enge Beziehungen gibt es bereits.
„Die neuen Führer Europas“ hieß die Konferenz in Sofia hochtrabend, Vertreter von Klein- und Kleinstparteien aus neun Ländern fühlten sich angesprochen und kamen zuhauf:
Am 12. April lud die rechtsextreme bulgarische Partei Wasraschdane, zu Deutsch „Wiedergeburt“, ein, um ein neues Bündnis europäischer Rechtsaußenparteien zu schmieden. Auch Vertreter der AfD wären schon damals im Club der Putin-treuen Außenseiter willkommen gewesen.
Damals folgten sie der Einladung nicht, mittlerweile aber könnte das Interesse gewachsen sein. Engste Verbindungen bestehen längst – und inzwischen hat sich die Situation für die deutschen Rechtspopulisten entscheidend verändert.
Sechs Wochen nach dem Treffen in Sofia und nach einigen Enthüllungen und Skandalen um die AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron kam der Rauswruf für die Afd: Die europäische Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) um Marine Le Pen hat die deutsche Partei vor die Tür gesetzt. Die Krah-Truppe steht nach der Wahl also zunächst einmal ohne Verbündete da und ohne die Vorteile, die eine Fraktion bietet.
„Eine wirklich konservative und souveränistische Fraktion“
Kostadin Kostadinov, Parteichef von „Wiedergeburt“, fackelte vergangene Woche nicht lange, nachdem der Ausschluss der AfD aus der ID-Fraktion verkündet war. „Eine sehr gute Nachricht“ sei das, schrieb er auf der Plattform X. Nun werden es die Möglichkeit geben, eine Fraktion im Europäischen Parlament zu bilden, die auch wirklich konservativ sei und gegen Fremdbestimmung kämpfe. Seine Partei werde auf jeden Fall mit der AfD zusammenarbeiten.
Der Post hätte wahrscheinlich nicht viel Aufmerksamkeit außerhalb Bulgariens bekommen. Aber Maximilian Krah teilte ihn – nachdem er sich in der Vergangenheit bereits bewundernd über Kostadinov geäußert hatte.
Der Spitzenkandidat, der wegen seiner fragwürdigen Verbindungen vor der Wahl nicht mehr für die AfD auftreten soll, gab den Vorstoß kommentarlos weiter. Und Kostadinov legte nach: Er habe am Donnerstag und Freitag Gespräche mit Vertretern der „Alternative für Deutschland“ geführt, ließ er wissen: „‘Wiedergeburt‘ wird auf jeden Fall mit der AfD zusammenarbeiten. Wir haben bereits Schritte unternommen, um eine neue Fraktion zu gründen, daher werden wir heute der deutschen Partei anbieten, sich zu engagieren und den Prozess gemeinsam voranzutreiben.“
Kostadinov hat in Bulgarien den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Kosta Kopeke“, benannt nach der kleinsten russischen Geldeinheit. „Wiedergeburt“ gehörte einst selbst zur ID-Fraktion im EU-Parlament, wurde aber hinausgeworfen, ohne dass Gründe bekannt wurden. Jetzt schmiedet Kostadinov an einem Bündnis aus Parteien, die so offen pro-russisch sind, dass die großen rechten Parteien in Europa offiziell mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollen. ID hatte die Konferenz in Sofia zunächst abgesagt, „Wiedergeburt“ sie dann allein durchgezogen.
Höcke: „Klein und schlagkräftig vielleicht sinnvoller“
Diese Ausgrenzung finden aber – zumindest nach außen – auch in der AfD manche Vertreter gar nicht schlimm: Björn Höcke schrieb am Montag auf X, nach der Wahl müsse sich die AfD-Delegation fragen, „ob die Bildung einer schlagkräftigen kleinen Fraktion mit alternativen Kräften nicht sinnvoller sein könnte als ein neuerliches Anbiedern an Partner, die (…) lieber in alten Abhängigkeiten bleiben wollen“. Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten erklärt, auch in der neuen Legislaturperiode „verlässliche Partner“ an der Seite zu haben.
Die Avancen aus Bulgarien an die AfD könnten also ein ernsthafter Vorstoß sein. In jedem Fall ist es der Versuch, sich mit dem großen Freund AfD bei den bulgarischen Wählern in Bulgarien als wichtiger darzustellen. Zwei- oder drittstärkste Partei könnte „Wiedergeburt“ werden, wenn in Bulgarien am 9. Juni nicht nur das Europaparlament, sondern auch vorgezogen das Parlament gewählt wird. „Wiedergeburt“ macht Stimmung mit vielen anti-europäischen Themen, sie kämpft gegen die Euro-Einführung – und sie sagt, dass es ein europäisches Bündnis gegen „liberalen Faschismus“ braucht. Damit versucht die Partei seit Monaten zu punkten: Erstmals werde von Bulgarien aus eine Fraktion geschmiedet.