Landräte, Bürgermeister, Kommunalparlamente: Die Thüringer entscheiden am Sonntag, wer künftig Politik vor ihrer Haustür machen soll. Die AfD will Erfolge, doch welche Folgen haben ihre Skandale?
Es ist ein erster Stimmungstest für das Finale im Herbst: In Thüringen wählen die Menschen heute Landräte, Bürgermeister und Kommunalparlamente.
Drei Monate vor der Landtagswahl richten sich die Blicke vor allem auf das Abschneiden der AfD. Im vergangenen Jahr gewann die Partei um Rechtsaußen Björn Höcke im südthüringischen Sonneberg ihren ersten Landratsposten in Deutschland, scheiterte bei weiteren kommunalen Wahlen in Thüringen aber anschließend mehrfach knapp. Zudem ist völlig unklar, ob und wie sich die jüngsten Skandale rund um die AfD-Europawahlkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron auswirken. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
Für Thüringen sind es heute Kommunalwahlen im Großformat: Nur alle 30 Jahre fallen derart viele Wahlen in den Kommunen zusammen. Rund 1,7 Millionen Menschen sind zum Urnengang aufgerufen, wählen dürfen auch 16- und 17-Jährige. Thüringen wird seit knapp zehn Jahren mit kurzer Unterbrechung von Deutschlands einzigem Linke-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow regiert, doch in den Kommunen galt stets die CDU als Platzhirsch, vor allem in ländlichen Regionen: Von den 13 zu wählenden Landkreisen stellt die CDU in acht bisher den Landrat. Zu vergeben sind auch 94 (Ober-)Bürgermeisterposten, darunter alle fünf der kreisfreien Städte.
AfD-Ergebnisse entscheidend für Mehrheitsverhältnisse
Außerdem werden die Kreistage und Stadträte sowie die Gemeinderäte gewählt. Auch hier wird mit Spannung auf die AfD-Ergebnisse geblickt: Erreicht sie beispielsweise in Sonneberg eine Mehrheit, könnte der dortige AfD-Landrat Robert Sesselmann durchregieren.
Für Irritationen hatte im Vorfeld der Wahl teils die Zulassungspraxis der Wahlausschüsse gesorgt. Im südthüringischen Hildburghausen etwa steht ein bundesweit bekannter Rechtsextremist bei der Landratswahl mit auf dem Wahlzettel.
Als Machtkampf innerhalb der AfD hatten einige Beobachter einen parteiinternen Streit im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gedeutet, wo am Sonntag zwei konkurrierende Listen der AfD auf dem Wahlzettel stehen. Landesparteichef Höcke unterstützt nicht die Liste mit dem offiziellen AfD-Namen, sondern die AfL-Liste – Alternative für den Landkreis. Die örtliche CDU und die Landes-AfD haben bereits signalisiert, die Wahl wegen der zwei Listen womöglich anfechten zu wollen. In der Thüringer AfD wird der lokale Streit als Ärgernis gesehen, befürchtet wird, dass die Listen die Wählerschaft spalten könnten.
Bundespolitische Krisen der AfD werfen Schatten auf Wahlkampf
Es ist nicht das einzige Problem der AfD in dieser Wahl. Die Partei rutschte zuletzt auf Bundesebene in eine Krise. Nach Äußerungen des AfD-Europawahlspitzenkandidaten Krah zur SS wurden alle AfD-Europaabgeordneten aus der rechten ID-Fraktion im Europäischen Parlament ausgeschlossen. Zudem steht der 47-jährige Sachse unter Druck wegen der Spionageaffäre um einen Mitarbeiter und wegen seiner Nähe zu Russland und China. Gegen die Nummer zwei auf der AfD-Europawahlliste, Bystron, laufen Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche.
Auch Thüringens AfD-Chef Höcke steckt in juristischen Auseinandersetzungen. Er wurde am 14. Mai vom Landgericht Halle zu einer Geldstrafe wegen des Verwendens einer Parole der Nationalsozialisten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Höckes Verteidiger haben Revision eingelegt. Auf den in Nordrhein-Westfalen geborenen 52-Jährigen kommen noch weitere Verfahren zu – unter anderem ein Prozess wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung am Landgericht in Mühlhausen.