Im Prozess um den Tod des jungen Flüchtlings Mouhamed Dramé bei einem Polizeieinsatz in Dortmund hat sich am Mittwoch der Schütze zu den Vorwürfen geäußert.
Im Prozess um Polizeischüsse auf einen 16-jährigen Flüchtling hat am Mittwoch der Schütze Fabian S. ausgesagt. Der 30-jährige Beamte ist wegen Totschlags am Dortmunder Landgericht angeklagt. Er hat am 8. August 2022 bei einem Polizeieinsatz im Innenhof einer Kirchengemeinde in der Dortmunder Nordstadt mehrere Schüsse auf Mouhamed Dramé abgegeben. Rund eineinhalb Stunden später wurde Dramé im Klinikum Dortmund für tot erklärt.
Der Schütze sagte am Mittwoch aus, dass er von seinem Einsatzleiter Thorsten H. als Sicherungsschütze eingeteilt wurde. Er sei von einem vorigen Einsatz an der Münsterstraße ohne Blaulicht am Tatort eingetroffen. Bei der Dienstbesprechung sei er darüber informiert worden, dass sich ein junger Mann ein Messer an den Bauch halte. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob er sich die Maschinenpistole freiwillig genommen habe, sagte Fabian S.: „Genau“. Ein Grund sei auch, dass er dies den weiblichen Kollegen nicht zumuten wollte. „Wenn man die Waffe lange hält, dann wird sie auch schwer“, sagte er.
Während des Einsatzes habe Einsatzleiter H. angeordnet, das Pfefferspray einzusetzen. „Mouhamed Dramé ist aufgesprungen, hat sich orientiert und dann schnell in unsere Richtung bewegt“, sagte der Angeklagte. „Dann sah ich mich dann als Sicherungsschütze dazu veranlasst, Schüsse abzugeben.“ In der Folge sei der 16-Jährige zu Boden gegangen und dann fixiert worden. Mit dem suizidalen 16-Jährigen habe er keinen Blickkontakt gehabt: „Während er da saß, hat er mich nicht angeschaut.“
Angeklagt sind auch der 55-jährige Einsatzleiter, zwei Polizistinnen (29 und 34 Jahre) und ein weiterer Polizist (34). Während Letzteren gefährliche Körperverletzung im Amt durch den ungerechtfertigten Einsatz von Pfefferspray und Tasern vorgeworfen wird, legt die Staatsanwaltschaft dem Vorgesetzten Anstiftung dazu zur Last.
Einsatzleiter ist überzeugt, alles richtig gemacht zu haben
Das 16-jährige Opfer starb kurz darauf im Krankenhaus. Mitte April hatte der Einsatzleiter in der Verhandlung als Erster der Angeklagten ausgesagt. Er zeigte sich dabei überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Mit Pfefferspray wollte er demnach den Jugendlichen entwaffnen lassen, Taser und Maschinenpistole dienten nur der Sicherung der Kollegen. Er und sein Team seien der Meinung gewesen, dass der Einsatz gut gelaufen sei. Das Ausmaß der Verletzung sei zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen, hatte er gesagt.
Das Landgericht muss klären, warum die zunächst statische Lage eskalierte. Mitarbeiter der Jugendhilfeeinrichtung, in der Dramé seit kurzem lebte, hatten die Polizei verständigt, weil er mit einem Messer auf den eigenen Bauch gerichtet regungslos in einer Nische im Innenhof der Einrichtung kauerte und auf Ansprache nicht reagierte. Auch Polizeibeamte scheiterten beim Versuch, den Senegalesen anzusprechen oder Blickkontakt aufzunehmen.