Doch im Rückblick macht sich Ernüchterung breit, selbst im bisher so erfolgsverwöhnten E-Commerce. Wie eine Analyse der Umsätze von 6500 deutschen Onlinehändlern zeigt, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, sind die Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt sogar leicht zurückgegangen.
Erhoben hat die Daten der E-Commerce-Software program-Anbieter Billbee, sie basieren auf insgesamt vier Millionen Transaktionen. Und sie zeigen, dass der Umsatz in der „Cyber Week“ in diesem Jahr im Vergleich zu 2020 um 1,5 Prozent niedriger lag. Zum Vergleich: Für das gesamte Jahr 2021 sagt das Handelsforschungsinstitut IFH ein Wachstum des Onlinehandels zwischen 16 und 27 Prozent voraus.
„Die Cyber Week stößt erkennbar an ihre Wachstumsgrenzen“, bestätigt E-Commerce-Experte Mark Steier, der die größte Fb-Neighborhood von Onlinehändlern mit mehr 23.000 Mitgliedern betreibt. Zahlreiche Händler hätten von enttäuschenden Umsätzen berichtet.
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Das Ausmaß der Konsolidierung sei jedoch durchaus überraschend, betont er. Im Vorfeld hatten viele Händler erwartet, dass die Konsumenten angesichts der Lieferprobleme bei vielen Waren ihre für die Vorweihnachtszeit geplanten Einkäufe auf den Black Friday vorziehen. „Eigentlich hätte alles in Richtung Cyber Week laufen müssen“, so Steier. Doch die Konsumenten waren eher zurückhaltend.
Amazon hatte Erwartungen bereits vorher gedämpft
Amazon-Deutschlandchef Ralf Kleber hatte wohl schon vorab entsprechende Befürchtungen und im Gespräch mit dem Handelsblatt die Erwartungen gedämpft. „Unser Job ist es nicht, Rekorde zu erzielen“, sagte er im Vorfeld des Verkaufsevents. Er sah sein Unternehmen intestine vorbereitet, betonte aber: „Wie erfolgreich das dann letzten Endes wird – das entscheidet der Kunde.“
Was die Billbee-Zahlen eindeutig zeigen: Die Umsätze konzentrieren sich immer weniger auf die großen Eventtage, die Kunden suchen vielmehr über längere Zeiträume nach guten Angeboten. Entfielen im vergangenen Jahr noch 20,6 Prozent der Umsätze in der Cyber Week auf den Black Friday, waren es in diesem Jahr nur noch 18,8 Prozent. Zum Begin der Black-Friday-Euphorie in Deutschland vor wenigen Jahren hatte sich das Occasion noch weitgehend auf einen Tag beschränkt.
„Der Black Friday conflict für uns dieses Jahr sehr durchwachsen, der Umsatz liegt in etwa auf dem Stage des Vorjahres“, sagt Andreas Müller, Chef des Unternehmens Deltatecc, das Konsumelektronik hauptsächlich über Marktplätze verkauft und im Jahr einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro macht. „Wir hatten uns von der Cyber Week etwas mehr erhofft“, räumt der Mitinhaber des Familienunternehmens ein.
„In den vergangenen Jahren conflict der Black Friday immer ein großes Schnäppchenevent“, erinnert sich Müller. Das sei dieses Jahr weitgehend weggefallen. Denn die höheren Einkaufspreise und insgesamt gestiegene Kosten hätten den Spielraum für Rabatte deutlich eingeengt.
Experten hatten diese Entwicklung bereits prognostiziert. „Die Preise werden in diesem Jahr insgesamt höher sein“, hatte Pini Mandel, Chef und Gründer von Quicklizard, einem Anbieter von Preisgestaltungssoftware für Einzelhändler, vorhergesagt. „Die Probleme in den Lieferketten und die höheren Beschaffungskosten für Händler werden den Black Friday und den Cyber Monday deutlich belasten“, begründete er seine Einschätzung.
Auch in den USA weniger Umsatz am Black Friday
Auch die Händler selbst hatten wenig Hoffnungen auf hohe Preisnachlässe gemacht. In einer Umfrage von Sapio Analysis und Coupa Software program unter 600 Lieferkettenmanagern von Einzelhändlern hatten 82 Prozent angekündigt, dass sie in diesem Jahr weniger Nachlässe bieten wollten.
Das hat nun offenbar auf die Umsätze durchgeschlagen – und das nicht nur in Deutschland. So haben Zahlen von Adobe Analytics gezeigt, dass in den USA in diesem Jahr die Umsätze am Black Friday erstmals im Vergleich zum Vorjahr nicht gestiegen sind. Danach hätten US-Onlinehändler am Black Friday nur 8,9 Milliarden US-Greenback umgesetzt – nach neun Milliarden US-Greenback im Jahr zuvor.
Lediglich der Softwareanbieter Shopify und der Zahlungsdienstleister Klarna berichten von steigenden Umsätzen der ihnen angeschlossenen Händler. Doch dies dürfte weitgehend auf einem Basiseffekt beruhen. So haben beide Erhebungen einen großen Anteil von stationären Händlern in ihren Zahlen. Und die hatten im vergangenen Jahr durch die Auswirkungen der Pandemie die schlechtesten Umsätze seit Jahren.
Deltatecc-Chef Müller macht aber noch andere Gründe für die sinkende Attraktivität des Black Friday auf. „Ich sehe eine allgemeine Verunsicherung bei den Kunden“, beobachtet der Händler. Viele seien angesichts der allgemein unklaren Lage eher zurückhaltend bei Ausgaben.
Pandemie drückt die Kauflaune
Das spiegelt sich auch im Konsumbarometer wider, das das Handelsblatt Analysis Institute jeden Monat im Auftrag des Handelsverbands Deutschland (HDE) erhebt. So ist der Index Anfang Dezember deutlich gesunken.
Das HDE-Barometer notiert jetzt bei 95,36 Zählern und damit quick drei Punkte niedriger als im Vormonat. Die Stimmung sackte noch stärker ab als im Dezember des Vorjahres. Der HDE erklärte, auf das Infektionsgeschehen und die aktuellen Coronamaßnahmen reagierten Verbraucherinnen und Verbraucher mit Zurückhaltung bei Anschaffungsplanungen.
Dazu kommt: Im vergangenen Jahr hatten sich viele Konsumenten größere Anschaffungen gegönnt. Das lag zum einen daran, dass sie wegen des Lockdowns weniger Geld für Reisen und Restaurantbesuche ausgeben konnten. Zum anderen hatte die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung wie ein Konjunkturprogramm für den Onlinehandel gewirkt.
„Deswegen sind in diesem Jahr wohl viele größere Käufe ausgeblieben, weil die Menschen bereits intestine versorgt sind“, vermutet Deltatecc-Chef Müller. Und viele Verbraucher seien wohl auch von dem riesigen Marketingaufwand, den immer mehr Händler betreiben, so überfordert, dass sie eher weniger als mehr kauften.
Mehr: Amazon-Deutschlandchef Ralf Kleber: „Unser Job ist es nicht, Rekorde zu erzielen“