Arian bleibt weiter verschwunden, vom Sechsjährigen fehlt jede Spur. Das kann auch an der Oste liegen – dem Fluss, der auf ihn so faszinierend gewirkt haben könnte.
„Die Oste war und ist weiter in unserem Blickpunkt“: Diese Worte sagte Sprecher Heiner van der Werp von der Polizeiinspektion Rotenburg (Wümme) immer wieder während der großangelegten Suche nach Arian aus Bremervörde-Elm. Eine Woche durchkämmten in der Spitze rund 1.200 Einsatzkräfte das weitläufige Gebiet rund um seinen Wohnort – doch bis heute fehlt jede Spur vom sechsjährigen Jungen. Auch zuletzt führten Anhaltspunkte immer wieder an den Fluss Oste, der sich bis hin zur Elbmündung schlängelt.
Mittlerweile könne nicht mehr ausgeschlossen werden, dass Arian in das Gewässer fiel und womöglich abgetrieben worden sein könnte, hieß es in den vergangenen Tagen häufiger. Autistische Kinder, so Experten, würden sich von Wasser magisch angezogen fühlen. Zudem hatten Einsatzkräfte einen Fußabdruck an der Oste gefunden. Er könnte zu Arian gehören.
An Arians Wohnort ändert sich die Oste entscheidend
Doch bei all der Idylle, die die Oste ausstrahlt, ist große Vorsicht geboten. Das Gewässer kann zum reißenden Strom werden. Insbesondere ab Bremervörde – dort, wo Arian verschwand – ändern sich die Verhältnisse noch einmal entscheidend. Und machen die Suche nach ihm zu einem besonders schwierigen Unterfangen.
Die Oste entspringt im Landkreis Harburg in der Nähe von Tostedt und fließt als stiller Wiesenfluss zunächst nach Westen, um dann einen Bogen in Richtung Norden zu schlagen und weiter nach Bremervörde zu gelangen. Bereits im Gebiet rund um Bremervörde ist die Oste so breit und tief, dass sie auch von kleineren Schiffen genutzt werden kann.
Die Oste speist zahlreiche Nebenflüsse
Das Gewässer speist zahlreiche Nebenflüsse, vor allem ab Bremervörde gehen links und rechts viele kleinere Gewässer ab und enden in weitläufigen Wiesen und Feldern. Klein bedeutet in diesem Fall schmal, jedoch nicht kurz: Allein der Nebenfluss Mehe ist knapp 22 Kilometer lang, auch die Aue, die bei Neuhaus an der Elbmündung liegt, misst rund 20 Kilometer.
Insgesamt gehen links und rechts der Oste etwa 100 Nebenflüsse ab. Manchmal sind es nur kleine Gräben, die in Moorgebiete führen, manchmal Kanäle, die weitläufige Felder mit Wasser versorgen.
Von Arians Elternhaus sind es etwa 1,1 Kilometer zur Oste. Einen Weg dieser Länge könnte auch der Sechsjährige zurückgelegt haben, als er am Abend des 22. April von Zuhause weggelaufen war. Davon gehen die Ermittler zumindest weiterhin aus.
Fließgeschwindigkeit nimmt ab Bremervörde deutlich zu
Entscheidend für die Suchmaßnahmen, die mittlerweile nur noch „anlassbezogen“ stattfinden, ist unter anderem, dass die Fließgeschwindigkeit der Oste zurzeit sehr hoch ist. Ein Wassertropfen, der in die Oste gelangt, braucht ab Bremervörde bis zur Elbmündung für den rund 45 Kilometer langen Weg etwa neun Stunden. Mit fünf Kilometern pro Stunde ist der Fluss deutlich schneller als beispielsweise die Elbe, die ab der tschechischen Grenze bis zur Schleuse in Geesthacht (Schleswig-Holstein) mit nur drei Kilometer pro Stunde fließt.
Außerdem – und auch das könnte ein entscheidender Faktor sein: Die Oste ist tideabhängig. Das Gewässer wird von den Gezeiten geprägt. Bis etwa nach Bremervörde wirken sich Ebbe und Flut aus, jedoch nicht so stark, wie man es beispielsweise an der Nordsee beobachten kann.