Vor einem halben Jahrhundert brachten Ingrid Steeger und Wichart von Roëll eine ganze Nation zum Lachen. Heute sind nur noch Erinnerungen übrig.
Auf der Suche nach den deutschen Comedy-Anfängen landen Interessierte zwangsläufig im Jahr 1973. Am 24. Juli dieses Jahres, in dem die Watergate-Affäre und die erste Ölkrise das Weltgeschehen bestimmten, ging „Klimbim“ an den Start. Mit dabei waren die viel zu früh verstorbenen Fernsehlegenden Elisabeth Volkmann, Helmut Holger, Horst Jüssen und Dieter Augustin. Ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern zählten Wichart von Roëll und Ingrid Steeger, heute 86 und 76 Jahre alt.
Sie belustigten als „militanter Opa Benedict“ und blondes „Zahnlückennummerngirl“ das Publikum. Aber was machen Wichart von Roëll und Ingrid Steeger heute? Vor allem Letztgenannte blickt 50 Jahre nach der „Klimbim“-Premiere auf ein bewegtes Leben zurück. Ingrid Steeger wurde dank „Klimbim“ und einiger frivoler Schmuddelfilm-Auftritte zum „Sexsymbol der Siebziger“.
Eine Jugend voller Angst, Gewalt und sexueller Übergriffe
In der Zeit der Schlaghosen und Koteletten stand der Name Ingrid Steeger für Lebensfreude, gute Laune und schlüpfriges Gedankengut. Viele Jahre später berichtete sie von einer „Zeit der zwei Seiten“. 1992 sprach sie mit Alice Schwarzer offen über Kindheit, Jugend und die Zeit als junge Frau – geprägt von Angst, Gewalt und sexuellen Übergriffen. „Sowie mein Vater nach Hause kam, sind wir nach allen Richtungen gelaufen und haben geguckt, ob alles in Ordnung ist – um keinen Ärger zu erregen und um nicht verprügelt zu werden“, sagte sie in dem Interview.
Ingrid Steeger wurde zu Hause geschlagen, dreimal vergewaltigt und nebenbei zum Star des Jahres der „Bravo“ gekürt. Wie das alles zusammenpasste? „Wir haben früher alles totgeschwiegen. Ich glaube, ich habe mir Liebe und Freundschaften lange erkauft: mit Liebesdiensten oder mit Geschenken. Ich habe ein großes Herz, und meine Schmerzgrenze liegt sehr weit hinten. Das ist für viele Leute von Vorteil – für mich sicher nicht“, so die Schauspielerin.
Kurzer Wechsel ins ernste Fach
Nach dem wilden ersten Jahrzehnt in der Öffentlichkeit hörte die Achterbahnfahrt für Steeger nicht auf. Neben Boulevard, „Klimbim“, Sexfilmchen und gescheiterten Liebschaften (mit Udo Jürgens, Jean-Paul Zehnacker, Bernd Seebacher, Tom LaBlanc), gab es in den Neunzigerjahren auch ernst zu nehmende Engagements. Ganz oben auf der Liste: der vierteilige Wedel-Fernsehfilm „Der große Bellheim“.
Nach kurzen Einsätzen in Vorabendserien wie GZSZ, „Großstadtrevier“ oder „Edel & Starck“ zog sich Ingrid Steeger Mitte der Nullerjahre aus dem öffentlichen Leben zurück. 2010 ging dann ein Aufschrei des Mitleids durch die Republik, als bekannt wurde, dass sie Hartz IV bezieht: „Irgendwann habe ich bei meiner Bank um 100 Euro gebettelt. Aber ich habe nichts mehr gekriegt. Die Leute sagen alle, ich sei Kult, aber vom Kult kann ich nicht leben“, verriet sie damals der „Süddeutschen Zeitung“.