Der Supervisor erhält mehr Macht im VW-Konzern.
(Foto: Reuters)
Düsseldorf Ralf Brandstätter soll neuer China-Vorstand des Volkswagen-Konzerns werden. Das wurde am Dienstagabend in Wolfsburg in Unternehmenskreisen bestätigt. Auf diesem Posten soll er im kommenden Jahr Konzernchef Herbert Diess ablösen, der sich aus dem operativen Geschäft des Autoherstellers immer stärker zurückziehen wird. Der 53-jährige Brandstätter ist bislang Vorstandschef der Marke Volkswagen Pkw. Der VW-Konzern wollte sich zu der Personalie nicht äußern.
Auslöser der Personalrochade sind die anhaltenden Probleme von Volkswagen in China. Wegen der Versorgungsprobleme bei Halbleitern konnte der VW-Konzern nicht im gewohnten Rahmen in der Volksrepublik produzieren. Damit droht auch die Place als Marktführer in Gefahr zu geraten, die Volkswagen seit Jahren in China mit etwa 20 Prozent Marktanteil hält. VW hat wegen des Chipmangels auch die staatlichen Behörden verärgert. Der Wolfsburger Autohersteller produziert in China nicht allein, sondern in Joint Ventures zusammen mit chinesischen Staatskonzernen.
Zusätzliche Probleme gibt es bei den neuen Elektroautos, die Volkswagen seit diesem Jahr auch in China verkauft. Die Modelle aus der neuen ID-Modellreihe verkaufen sich viel schlechter als erwartet. Konzernchef Diess gestand in der vergangenen Woche ein, dass Volkswagen bei den neuen Elektroautos nicht das für dieses Jahr geplante Verkaufsziel von 80.000 bis 100.000 Exemplaren erreichen wird. 70.000 bis 80.000 Autos seien jetzt wahrscheinlich.
Volkswagen tut sich in China schwer gegen die etablierte Elektrokonkurrenz des US-Herstellers Tesla. Neue chinesische Anbieter wie Nio oder Xpeng sind zudem angetreten, um etablierte Hersteller wie Volkswagen im Elektrogeschäft anzugreifen. Zudem ist die Software program-Ausstattung in den E-Autos von Volkswagen nicht immer konkurrenzfähig im Vergleich zu den neuen Elektromodellen aus China. Chinesische Autofahrer erwarten eine viel bessere digitale Ausstattung als europäische Kunden.
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Der Wechsel von Ralf Brandstätter nach China kommt trotzdem überraschend. Noch vor wenigen Tagen galt es in Wolfsburg eigentlich als gesichert, dass der VW-Markenchef seinen Posten behalten und zusätzlich in den Konzernvorstand einziehen würde. Wie es dazu ergänzend in Wolfsburg hieß, sei Brandstätter erst vor kurzem aus dem Aufsichtsrat heraus gebeten worden, auf den Posten nach China zu wechseln. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte zuerst darüber berichtet.
Milliardengewinne in China
„Ralf Brandstätter sagt dann nicht Nein“, erläuterte ein involvierter Supervisor. Er sehe sich in der Verantwortung, dem Unternehmen zu helfen. Brandstätter arbeitet schon seit mehreren Jahrzehnten für den Wolfsburger Autohersteller. Volkswagen brauche in China einen wirklich erfahrenen Vorstand, der dazu in der Lage sei, die anstehenden Probleme in der Volksrepublik in den Griff zu bekommen.
Der Konzern kann auf die hohen Gewinne aus China nicht verzichten. In den vergangenen Jahren haben die chinesischen Joint Ventures dort jährlich in aller Regel mehr als drei Milliarden Euro nach Wolfsburg überwiesen.
Wegen der Coronakrise konnte Konzernchef Herbert Diess seine China-Aufgaben nicht wie gewohnt wahrnehmen und nicht mehr regelmäßig in die Volksrepublik reisen. Ralf Brandstätter soll nach Peking übersiedeln und zugleich in den Konzernvorstand einziehen. Dass das China-Ressort im Vorstand bleibt, unterstreicht die große Bedeutung für den gesamten Konzern.
Volkswagen hat mit Stephan Wöllenstein derzeit einen lokalen China-Chef, der aber nicht im Konzernvorstand vertreten ist. Er dürfte im nächsten Frühjahr nach Deutschland zurückkehren. Wöllenstein arbeitete quick zehn Jahre für VW in China.
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