Von einer „Zeitenwende“ hat Olaf Scholz gesprochen – für einen Bundeskanzler, der die Nüchternheit zu seinem Markenzeichen gemacht hat, warfare das geradezu eine rhetorische Eruption. Doch seither setzt der Kanzler die Bürgerinnen und Bürger wieder auf emotionale Trockenobstdiät – obwohl der Krieg in der Ukraine Tag für Tag Bilder apokalyptischen Ausmaßes liefert. Und obwohl die Folgen der russischen Invasion auch hierzulande längst überall zu spüren sind: Energiepreisschock, Inflationsrate im März bei 7,3 Prozent, mögliche Gasrationierung für die Wirtschaft.
Die „Zeitenwende“ ist additionally da. Wo aber bleibt die große „Blut-, Schweiß- und Tränen“-Rede des Kanzlers, die dieser neuen Lage gerecht wird? Wo ist der Aufruf, dass jeder Mensch, jedes Unternehmen jede Kilowattstunde einsparen sollte, um Putin seine Kriegstreiberei zumindest zu erschweren?
Was ist mit einem autofreien Sonntag oder zumindest einem befristeten Tempolimit für den Frieden? Wo zuletzt ist das Eingeständnis, dass seine Partei, dass die Bundesregierungen spätestens seit Schröder und Merkel den Fehler begingen, das energetische Schicksal des Landes an einen Mann zu binden, der aus seinen imperialen Ambitionen nie einen Hehl gemacht hat? Und dass es gerade jetzt wegen dieser Fehler darauf ankommt zusammenzustehen.
Solche Reden sind der Kitt, der Gesellschaften, die sich mit Grenzerfahrungen konfrontiert sehen, zusammenhalten kann. Doch Scholz verwendet sein frei verfügbares Emotionsbudget lieber für eine schräge Generalattacke auf die Ökonomen, die redlich, wenn auch manchmal etwas unbeholfen versuchen, die Folgen eines Energieboykotts zu modellieren.
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Anstatt die Bürger einfühlsam, aber wahrhaftig auf das einzuschwören, was da noch kommen magazine, versucht der Kanzler, sie mit staatlichen Milliarden-Kompensationen ruhigzustellen, die er per Gießkanne im Lande verteilt.
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