Dass diese düstere Perspektive den notorisch optimistischen Johnson bislang nicht anficht, liegt vor allem daran, dass seine persönlichen Aussichten vor zwei Monaten noch düsterer waren. Nachdem bekannt wurde, dass Johnson an einigen verbotenen Partys während des Corona-Lockdowns teilgenommen hatte, schien sein Rücktritt nur noch eine Frage von Tagen zu ein. Zahlreiche konservative Parlamentarier hatten bereits eine Ablösung des Premiers gefordert.
Sein politisches Überleben verdankt Johnson womöglich ausgerechnet Wladimir Putin. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine lenkte nicht nur die Aufmerksamkeit weg vom „Partygate“, sondern gab Johnson auch die Möglichkeit, sich durch harte Sanktionen gegen Russland und schnelle Waffenlieferungen für die Ukraine seinen Landsleuten als entschlossener Staatsmann zu präsentieren.
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Die Londoner Polizei hat jetzt zwar damit begonnen, wegen der illegalen Partys Bußgeldbescheide zu verschicken, Johnson soll jedoch bislang noch keine Submit bekommen haben. Wollten im Januar noch quick zwei Drittel der Briten, dass Johnson zurücktritt, conflict es Mitte März nach einer Umfrage der Meinungsforscher von Opinium nur noch etwa die Hälfte.
„Der Premier kann sich im Second sicher fühlen“, heißt es in Londoner Regierungskreisen. Ob er bis zur nächsten Wahl durchhalte, hänge auch davon ab, ob er die Krise der Lebenshaltungskosten in den Griff bekomme. Der Ukrainekrieg hat Johnson additionally zunächst gerettet, seine wirtschaftlichen Auswirkungen verfolgen den 57-Jährigen jedoch für den Relaxation seiner Amtszeit, die vermutlich noch bis 2024 dauern wird.
Johnson profitiert zudem auch davon, dass die britischen Konservativen bislang keinen überzeugenden Nachfolger präsentieren konnten. Schatzkanzler Rishi Sunak galt lange als Liebling der Partei, ist jetzt jedoch im politischen Bermudadreieck aus steigender Inflation, teuren staatlichen Hilfen und seinem sorgfältig gepflegten Picture als Garant für solide Finanzen und niedrige Steuern gekentert.
Viele Briten nehmen Sunak nicht nur die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge ab dem 5. April übel. Auch die kalte Steuerprogression durch steigende Inflationsraten, die sich durch das Einfrieren der Steuerfreibeträge noch verschärft hat, wird dem erst 41-jährigen Finanzminister angekreidet. Paul Johnson, Chef des Institute for Fiscal Research, nennt Sunak einen „fiskalischen Illusionisten“.
Neue Energiestrategie kommt teuer
Der Premierminister will jetzt den Druck auf seinen Schatzkanzler noch einmal erhöhen, indem er seit Tagen eine neue Energiestrategie ankündigt, die das Price range weiter belasten dürfte.
Schon die Ziele Johnsons erfordern einen erheblichen Spagat: Einerseits will er die hohen Energiekosten durch staatliche Zuschüsse für Verbraucher und Industrie abfedern. Außerdem will die Regierung sich von ausländischen Energielieferungen unabhängiger machen und zugleich an ihrem Klimaziel festhalten, bis 2050 emissionsfrei zu werden. Großbritannien ist zwar deutlich weniger als Deutschland von russischer Energie abhängig, spürt aber den globalen Preisdruck dennoch.
Erreichen will Johnson seine Ziele unter anderem durch einen massiven Ausbau der Kernenergie, die bis 2050 ein Viertel zur Stromerzeugung beitragen soll. Großbritannien müsse bei der Atomkraft klotzen, sagte der Premier in einem Radiointerview. Sunak sträubt sich jedoch bislang, das Geld für eine staatliche Beteiligung an den Atommeilern Hinkley und Sizewell freizugeben, zumal Johnson noch bis zu acht weitere Kernraftwerke bauen lassen will.
Auch über den geplanten Ausbau großer Windparks auf den britischen Inseln gibt es Streit. Johnson möchte die Genehmigungsverfahren für die Windräder straffen, viele seiner konservativen Parteifreunde fürchten jedoch um die englische Bilderbuchlandschaft und die Mitspracherechte der ländlichen Bevölkerung.
Zusätzliches Ungemach droht nun auch noch von der EU. Brüssel hat Großbritannien bei der Welthandelsorganisation WTO wegen allzu großzügiger Subventionen für Windräder verklagt, die sich vor der britischen Küste befinden. „Wir sind enttäuscht, dass die EU-Kommission diese Maßnahme zu einem Zeitpunkt ergreift, an dem wir uns darauf konzentrieren, unsere Energiesicherheit und die Versorgung mit einheimischer erneuerbarer Energie zu verbessern“, sagte ein Regierungssprecher in London.
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