Selten hat ein TV-Duell so viel Aufregung und Aufsehen verursacht wie die anstehende Debatte zwischen Björn Höcke und Mario Voigt. Die Ausgangslage für beide könnte unterschiedlicher kaum sein.
Das Wichtigste im Überblick
Die Fernsehduelle vor den Bundestagswahlen verfolgen stets Millionen Menschen, schon lange davor wird spekuliert, um welche Themen es geht und wer bessere Chancen hat. Auch vor Landtagswahlen kommt es häufig zu einem direkten Schlagabtausch der Spitzenkandidaten, allerdings mit deutlich geringerer Aufmerksamkeit. Die Duelle laufen dann in den dritten Programmen der ARD und interessieren vor allem die Menschen im jeweiligen Bundesland.
Vor dem heute anstehenden TV-Duell im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen am 1. September ist aber alles anders. Die Debatte zwischen AfD-Mann Björn Höcke und dem CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt auf dem Privatsender Welt TV wird deutschlandweit diskutiert und weckt großes Interesse. Dabei ist der amtierende Ministerpräsident und Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, gar nicht mit dabei.
Vielmehr polarisiert vor allem Höcke, der in der AfD Kopf des nur noch informell existierenden Rechtsaußen-Flügels ist und mit seinen Äußerungen immer wieder den Nationalsozialismus relativiert hat. t-online gibt einen Überblick zu den wichtigsten Aspekten des TV-Duells.
Wie kam es zu dem TV-Duell?
Begonnen hat alles mit einem Interview von Mario Voigt in der „Welt“, in dem er gesagt hatte, Höcke wolle Europa sterben lassen. Daraufhin entbrannte ein Streit zwischen beiden auf der Onlineplattform X. Dort drohte Höcke mit einer Unterlassungsklage. Voigt ging auf den Angriff ein und beteuerte, er sei bereit, die „wohlstandsgefährdende Anti-Europa-Politik“ der AfD auseinanderzunehmen. „Ob im Landtag oder vor Gericht: jederzeit gern“, schrieb er – falls Höcke nicht kneife.
Höcke nahm das Angebot dankend an, hatte aber einen anderen Vorschlag: eine Diskussion zum Europabegriff, da beide Politiker und keine Juristen seien. Voigt dürfe sich das Format selbst aussuchen. Das tat er. Anfang März wurde dann öffentlich, dass es zu einem Fernsehduell auf Welt TV kommt.
Was muss man über Björn Höcke wissen?
Obwohl er bisher weder in der AfD noch als Abgeordneter ein Amt außerhalb Thüringens bekleidete, ist Björn Höcke einer der bekanntesten und auch einflussreichsten AfD-Politiker. Das liegt vor allem an seinen sehr umstrittenen Aussagen und seiner politischen Ausrichtung als Rechtsausleger innerhalb der AfD.
Höcke wurde immer wieder Kontakt zur rechtsextremen Szene nachgewiesen. Er relativiert zudem die Verbrechen des Nationalsozialismus und nutzt zudem immer wieder Vokabular aus dem „Dritten Reich“. Er wolle etwa, dass Deutschland nicht nur eine „tausendjährige Vergangenheit“, sondern auch „eine tausendjährige Zukunft“ habe. Im Zuge dessen äußerte er sich häufig offen rassistisch und verbreitete Verschwörungstheorien.
Deshalb war Höcke schon häufig Gegenstand von Gerichtsverfahren. Das Verwaltungsgericht Meiningen erlaubte etwa, ihn als „Faschisten“ zu bezeichnen. In der kommenden Woche steht Höcke in Halle wegen Volksverhetzung vor Gericht, der Verfassungsschutz stufte ihn als Rechtsextremisten ein und beobachtet ihn. Der AfD-Vorstand hat bereits mehrere Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet, die aber immer erfolglos blieben.
Innerhalb der AfD hat Höcke eine starke Machtbasis. Als Kopf des offiziell aufgelösten „Flügels“ hat er zahlreiche Vertraute in Machtpositionen in der AfD.
Wer ist Mario Voigt?
Voigt will das Duell auch nutzen, um seine eigene Popularität zu steigern. Der 47-jährige Jenaer ist seit 2020 CDU-Fraktionsvorsitzender und befand sich damit zuletzt im Thüringer Landtag in einer zwiespältigen Rolle. Einerseits ist er Oppositionsführer, andererseits arbeitet er mit der rot-rot-grünen Minderheitsregierung auch zusammen, damit Gesetze Mehrheiten finden.
Der Politikwissenschaftler war vor seiner Politikkarriere in der Unternehmenskommunikation tätig und häufig in Indien und Singapur unterwegs. Er spricht sich dafür aus, die Fachkräftezuwanderung zu entbürokratisieren. Die Debatte um Migration will er entschärfen: „Wenn jeder, der Kritik äußert, gleich als rechtsextrem gebrandmarkt wird, verharmlost das doch den Rechtsextremismus“, sagte er der „Zeit“.