Der 1. FC Köln dreht sein Heimspiel gegen den VfL Bochum in der Nachspielzeit und hofft weiter auf den Klassenerhalt. Die emotionalen Stimmen zum Comeback-Sieg.
Genau 99 Sekunden stellten die Gefühlswelt des 1. FC Köln am Samstagnachmittag komplett auf den Kopf. Bis zur 90. Minute lagen die „Geißböcke“ gegen den VfL Bochum hinten, hätten dann vier Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und damit dramatisch schlechtere Chancen auf den Klassenerhalt gehabt. Doch in der ersten und der zweiten Minute der Nachspielzeit drehten die eingewechselten Steffen Tigges und Luca Waldschmidt das Keller-Duell noch zu Gunsten der Kölner, die 2:1 siegten.
„Im Moment ist es echt schwierig“, rang der gerührte Tigges nach seinem ersten Bundesliga-Treffer seit 322 Tagen um Worte. In dieser unfassbaren Nachspielzeit wandelte sich die Situation des FC von „komplett abgeschrieben“ zu „alles wieder drin“, wie der Stürmer ergänzte. „Dass Luca dann noch das 2:1 köpft, wir das Spiel drehen, uns in eine vernünftige Ausgangsposition bringen und alles in der eigenen Hand haben – das ist schon Emotion pur.“
FC-Geschäftsführer Keller: „Phänomenal“
Und diese Emotionen waren einfach überall im Stadion zu sehen und zu hören. Nach Waldschmidts Siegtor rannte die Kölner Bank kollektiv auf den Rasen, nach Abpfiff skandierte die Südkurve „Sieg, Sieg“ und hörte nicht mehr auf. Vereinzelt vergossen Fans Freudentränen, weil die Hoffnung auf den Klassenerhalt weiterlebt.
„Phänomenal und irgendwie auch kaum zu glauben“, nannte Sportchef Christian Keller das 99-Sekunden-Comeback, durch das Bochum auf Platz 15 nur noch vier Punkte entfernt ist und der Relegationsrang, mit einem Zähler Rückstand auf Mainz, in Reichweite bleibt. Bei allen Kölner Spielern und Verantwortlichen war die Erleichterung riesig. Wir haben die Stimmen zum Spiel gesammelt.
Das sagten die Trainer
Timo Schultz: „Jeder hat gesehen, dass es für beide Mannschaften um sehr viel ging. Bochum hat es immer wieder geschafft, gefährlich vors Tor zu kommen, gerade mit Standards. Wir sind zwar permanent angerannt, haben unsere aussichtsreichen Situationen aber nicht gefährlich nutzen können. Dass wir uns am Ende belohnen, steht für die Moral der Mannschaft. Nach dem 1:1 haben wir alle Fesseln abgeworfen und noch mal einen Gang hochgeschaltet. Dementsprechend bin ich sehr erleichtert.“
Thomas Letsch: „Ich halte es relativ kurz: Glückwunsch an Timo und den 1. FC Köln zum Sieg. Im Moment herrscht bei mir und allen Beteiligten noch große Leere. Zum wiederholten Male bekommen wir Gegentore in der Nachspielzeit und fahren ohne Punkte nach Hause. Es war ein sehr entscheidendes Spiel für beide Seiten. Wir gehen in Führung und schaffen es dann wieder, den Gegner zurück ins Spiel zu bringen. Das tut weh.“
Das sagen der Sportchef und die FC-Profis
Christian Keller: „Es war hinten raus natürlich krass. In der ganzen Saison hatten wir es nie, dass wir ein Spiel mal richtig drehen. Und das in der Nachspielzeit mit zwei Toren. Das ist natürlich, wenn man sich den Spielverlauf anschaut, phänomenal und irgendwie auch kaum zu glauben. Andererseits hat die Mannschaft dauernd daran geglaubt und das war wahrscheinlich auch der Schlüssel, dass wir es hinbekommen haben. Bis zum Gegentor war offensichtlich, dass es für beide Mannschaften um extrem viel geht und beiden Mannschaften das auch bewusst ist. Meiner Meinung nach hatten wir damit mehr zu kämpfen als Bochum. Wir haben uns fast nur auf lange Bälle konzentriert, um dann zweite Bälle aufzusammeln. Das war sicherlich nicht die Idee.“
Steffen Tigges: „In den ersten 15 Minuten nach dem 0:1 waren wir gefühlt tot. Danach haben wir wieder alles versucht. Es war an uns Einwechselspielern, noch mal einen Funken ins Spiel zu bringen. Dass das so gut geklappt hat, bedeutet mir extrem viel, weil mir die Mannschaft immer den Rücken gestärkt hat, auch wenn es nicht gut in dieser Saison gelaufen hat. Deswegen freue ich mich, dass ich der Mannschaft und den Fans einfach mal etwas zurückgeben konnte. Das 1:1 war eine Gefühlsexplosion – auch persönlich für mich, weil dieser Knoten geplatzt ist.“
Luca Waldschmidt: „Das war sehr emotional. Nach dem 1:1 hat das Stadion schon getobt, nach dem 2:1 dann noch mal. Es war extrem wichtig, dass wir gewinnen, da brauchen wir nicht drum herumreden. Das war für uns als Team wichtig und für die Fans genauso. Mit dem Gefühl können wir in die nächsten Wochen gehen. Es war ein zähes Spiel, beide wollten nicht ins offene Messer laufen. Für Bochum wäre, glaube ich, auch ein Unentschieden okay gewesen. Unser Trainer hat schon vor dem Spiel gesagt, dass wir sie müde kriegen müssen, hinten raus wechseln und das Spiel entscheiden können. Das hat mit Tiggi und mir wirklich gut geklappt.“