Knochen des in Frankreich vermissten Émile wurden von einer Spaziergängerin gefunden – doch die Ermittler stehen vor weiteren Rätseln.
Die angekündigte Pressekonferenz der Ermittler ließ zunächst auf weitere Antworten hoffen. Was war mit dem zweijährigen Émile aus dem südfranzösischen Bergdorf Le Vernet geschehen, der neun Monate lang von seiner Familie vermisst wurde?
Eine Spaziergängerin hatte am vergangenen Samstag im Wald Schädelknochen und Zähnedes Jungen entdeckt. „Diese Knochen allein erlauben uns keine Aussage über die Todesursache von Emile“, sagte der Staatsanwalt von Aix-en-Provence, Jean-Luc Blachon, am Dienstag. Unter den möglichen Todesursachen wie Sturz, Totschlag oder Mord könne bisher keiner als wahrscheinlicher als ein anderer angesehen werden. Die Ermittlungen seien immer noch im Gange und würden als „komplex“ bezeichnet.
Am Schädel Émiles seien keine Hinweise auf vor dem Tod erfolgte Verletzungen gefunden worden, sagte der Staatsanwalt weiter. Am Schädel festgestellte Spuren könnten indes nach dem Tod von in der Gegend lebenden Tieren verursacht worden sein. Blachon machte noch eine wichtige Enthüllung: Die Kleidung, die Émile trug, als er verschwand, sei „in der Nähe des Schädels“ gefunden worden – ein T-Shirt, seine Schuhe und seine Unterhose.
Weitere Fragen nach Knochenfund
Der zweijährige Émile war am 8. Juli 2023, dem ersten Tag der Sommerferien, verschwunden, während er bei seinen Großeltern in dem kleinen Dörfchen nördlich von Digne-les-Bains zu Besuch war. Nachbarn hatten ihn zuletzt am späten Nachmittag gesehen, wie er alleine eine Straße in Haut-Vernet entlanggelaufen war. Eine massive Suchaktion mit dutzenden Polizisten, Soldaten, Spürhunden, einem Hubschrauber und Drohnen blieb damals ergebnislos.
Der Knochenfund liefert zunächst keine weiteren Gewissheiten zur Todesursache des Jungen, sondern wirft weitere Fragen auf: Unter anderem wollen die Ermittler herausfinden, ob Émile am Fundort der Knochen verstorben ist oder ob diese nach dem Tod des Kleinkinds dorthin gebracht wurden. Auch steht die Frage im Raum, ob er sich womöglich verlaufen haben könnte. Der Ort, an dem der Schädel des kleinen Jungen gefunden wurde, könne vom Dorf aus zu Fuß in 25 Minuten erreicht werden, so der Staatsanwalt.
Wanderin soll Schädelknochen mit nach Hause genommen haben
Auch das Verhalten der Wanderin, die die Knochen entdeckte, soll offenbar überprüft werden, unter anderem mittels DNA-Spuren. Der französische Radiosender „France Info“ berichtet, dass sie den Schädel in einer Plastiktüte mit nach Hause genommen und erst später die Polizei informiert hat. Es sei ihr aufgrund des fehlenden Telefonnetzes nicht möglich gewesen, die Behörden vom Fundort aus zu benachrichtigen.
Seit Sonntag sind rund hundert Gendarmen in Haut-Vernet auf der Suche nach weiteren Spuren im Einsatz. Die 25 Einwohner der Siedlung sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten, bis Sonntag soll Ortsfremden laut einer Allgemeinverfügung der Gemeinde der Zugang versperrt bleiben. Die Gegend rund um den Fundort war bereits im vergangenen Sommer weiträumig abgesucht worden.