Der Deutsche Aktienindex enthält die vierzig größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands. Lufthansa oder Thyssenkrupp gehören nicht dazu. Beachten sollten sie Anleger trotzdem.
Ist die Lufthansa zu billig? Kunden würden diese Frage vermutlich kräftig verneinen, denn 2023 hat die deutsche Airline ordentlich verdient. 2024 hat das Unternehmen, wenn überhaupt, über die Streiks verschiedener Berufsgruppen zu klagen. Operativ läuft es aber sehr gut. Kein Wunder, langt die Airline gerade auf Strecken mit wenig Konkurrenz bei den Preisen kräftig zu.
So waren Flüge von Frankfurt nach Kapstadt vor zwei Jahren bei zeitiger Buchung noch für 650 bis 750 Euro zu haben. Mittlerweile ruft die Kranich-Airline für die vergleichbare Flugzeit locker 250 bis 300 Euro mehr auf. „Allein mit Inflation lässt sich das nicht begründen – Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis und da ist die Lufthansa aktuell in einer guten Position“, findet Vanyo Walter vom Broker Robomarkets. Mit dem Kabinenpersonal hat Lufthansa sich jüngst in der Schlichtung geeinigt und einem starken Sommergeschäft steht nichts im Wege.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Die zweite Aktienreihe ist wenig sexy
Umso bemerkenswerter ist der schlechte Zustand der Aktie. Die Lufthansa hatte nach Corona frühzeitig Staatshilfen zurückgezahlt und der aktuelle Ertrag stimmt eigentlich. Doch generell scheinen Titel aus Reihe zwei momentan wenig angesagt. „Auffällig ist die seit etwa drei Jahren anhaltende Schwäche, die auch 2024 bisher gilt. So liegt der MDax leicht im Minus, der SDax hat die Gewinnschwelle erst in dieser Woche überschritten, während der Dax seit Jahresbeginn um zehn Prozent zulegte“, rechnet Franz-Georg Wenner vom Analysehaus Indexradar vor.
Bei den Einzelwerten fällt der Performance-Unterschied noch deutlicher aus. Etwa 20 Werte aus dem HDax, der die Werte aller Unternehmen aus den deutschen Auswahlindizes Dax, MDax und TecDax zusammenfasst, weisen einen Abschlag von mehr als 30 Prozent zum Jahreshoch auf. Darunter sind bekannte Namen wie Aixtron, SMA Solar, K+S, Thyssenkrupp und eben Lufthansa.
Konjunktursorgen vs. geldpolitische Wende
Neben einigen unternehmensspezifischen Faktoren ist dafür eine Mischung aus Konjunktursorgen und stark gestiegenen Zinsen anzuführen. „Mit der straffen Geldpolitik der vergangenen Jahre haben sich die Refinanzierungsbedingungen für kleinere Unternehmen meist deutlich stärker und schneller verschlechtert als für international agierende Weltkonzerne“, so Ricardo Evangelista von Activtrades.
Während Großunternehmen in der Regel einen deutlich höheren Anteil über Anleihen refinanzieren, greifen viele kleinere Firmen auf Bankkredite zurück. Die Laufzeiten der Finanzschulden sind daher meist kürzer, sodass Zinserhöhungen schneller negativ auf die Gewinne durchschlagen. „Zwar wäre es verfrüht, bereits jetzt den Beginn der geldpolitischen Wende bei EZB und Fed auszurufen. Die Zeichen stehen aber langfristig eher auf wieder sinkenden Zinsen“, so die Experten vom Lynx-Broker.
Aufwärtstrend für Deutschland
So könnten die Nebenwerte vor allem auf der Gewinnseite bald wieder positiv überraschen. Schon jetzt sind Nebenwerte sehr attraktiv. Aufgrund der im Vergleich zu großen Firmen höheren Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn wurden Nebenwerte in den vergangenen 15 Jahren fast immer mit einer Prämie gegenüber den Blue Chips gehandelt.
„Heute hingegen weisen Small Caps einen Abschlag von rund zehn Prozent auf, Aktien aus der zweiten und dritten Reihe sind damit so günstig bewertet wie seit vielen Jahren nicht mehr“, argumentiert Vanyo Walter von Robomarkets. Sollte nun auch die Konjunktur in Europa die Talsohle durchschritten haben, wäre dies ein weiterer Katalysator für die stärker binnenmarktorientierten Nebenwerte. Die jüngsten ifo-Daten machen jedenfalls Mut, dass es ab dem zweiten Halbjahr auch in Deutschland langsam wieder aufwärts geht.