Düsseldorf Der Volkswagen-Konzern hat sich im vergangenen Jahr besser geschlagen als in Finanzkreisen und von den meisten Börsenanalysten erwartet. Wie der Wolfsburger Autohersteller am Freitag mitteilte, ist der Umsatz 2021 um zwölf Prozent auf 250 Milliarden Euro gestiegen. Das Nettoergebnis nach Steuern liegt bei knapp 15,5 Milliarden Euro, was einem Plus von 75 Prozent entspricht.
Die Aktionäre können mit einer deutlich gesteigerten Zahlung rechnen. Sie sollen eine zum Vorjahr um 2,70 Euro höhere Dividende von 7,50 Euro je Stamm- und 7,56 Euro je Vorzugsaktie bekommen.
Volkswagen hat das Wachstum bei Umsatz und Gewinn erreicht, obwohl der Fahrzeugabsatz wegen des anhaltenden Chipmangels um rund 600.000 auf 8,6 Millionen Autos geschrumpft ist. Der VW-Konzern konnte verstärkt teurere Modelle mit besserer Ausstattung verkaufen, was das Ergebnis nachhaltig verbesserte. Für 2022 rechnen die Wolfsburger mit einem weiteren Plus – allerdings nur unter Vorbehalt.
Der Konzern kalkuliert nun im laufenden Jahr mit einem Zuwachs bei den Verkäufen zwischen fünf und zehn Prozent. Die operative Rendite werde in einer Spanne zwischen 7,0 und 8,5 Prozent liegen. Für 2021 hatte Volkswagen ein Intervall zwischen 6,5 und 7,5 Prozent angegeben, hat letztlich aber sogar acht Prozent erreicht.
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Die große Unbekannte ist auch für Volkswagen der Ukrainekrieg. Die Prognose sei abhängig von der weiteren Entwicklung und von möglichen Auswirkungen auf die Lieferketten des Konzerns und der Weltwirtschaft insgesamt. Es bestehe das Risiko, dass sich diese noch länger negativ auf die Geschäfte auswirkten, so Volkswagen.
Konsequenzen in der Produktion
In etlichen deutschen Werken hat der Konzern schon die ersten Negativeffekte zu spüren bekommen. Zulieferer mit Fabriken in der Ukraine sind derzeit nicht mehr in der Lage, die Produktion mit Kabelbäumen aufrechtzuerhalten und den Autohersteller damit zu versorgen. Deshalb ruht die Fahrzeugfertigung zeitweilig in Werken von VW, Audi und Porsche.
Konzernchef Herbert Diess hatte schon vor wenigen Tagen vor möglichen Konsequenzen des Krieges gewarnt. „Ich glaube, dass Europa und Deutschland sehr stark leidtragend sein können bei einem langanhaltenden Ukraine-Konflikt“, sagte Diess bei der Präsentation des neuen Elektrobusses ID.Buzz in Hamburg.
Finanzvorstand Arno Antlitz zeigte sich am Freitag zufrieden mit dem Ergebnis für 2021. „Während der vergangenen zwei Jahre haben wir gelernt, besser mit den Auswirkungen von Krisen auf unser Unternehmen umzugehen“, sagte er. Er sei zuversichtlich, dass der gesamte Konzern von diesen Erfahrungen auch in der aktuell schwierigen State of affairs profitieren könne. Volkswagen habe nicht nur teurere Autos verkauft, sondern sei auch auf der Kostenseite besser geworden, was sich am Ende positiv auf das Gesamtergebnis niederschlage.
Der gesamte Volkswagen-Konzern hat auch stark von seinen Tochtermarken profitiert. Die genauen Zahlen dazu werden zwar erst in der neuen Woche veröffentlicht. Doch dürfte insbesondere die extrem renditestarke Stuttgarter Tochtermarke Porsche ganz wesentlich zum guten Konzernergebnis beigetragen haben. Der Sportwagenhersteller überweist jedes Jahr Milliardenbeträge an die Zentrale.
Sehr intestine verdient hat im vergangenen Jahr auch die Finanz- und Leasingtochter VW Monetary Companies. Weltweit sind Neuwagen wegen fehlender Halbleiter knapp geworden, dadurch wächst zunehmend das Interesse an Gebrauchtfahrzeugen. Finanztöchter wie VW Monetary Companies profitieren davon stark, weil sie etwa bei Leasingrückläufern viel höhere Restwerte verbuchen können als ursprünglich in der Bilanz standen.
Ergebnisse über den Erwartungen
Die meisten Beobachter an den Börsen sind vom VW-Konzernergebnis leicht überrascht worden. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten hatten für das vergangene Jahr mit einem Umsatzanstieg von rund elf Prozent auf 247,6 Milliarden Euro gerechnet.
Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen – wie etwa aus der Diesel-Affäre – hätte auf 18,7 Milliarden Euro steigen sollen, so die durchschnittliche Prognose. Nun sind daraus sogar 20 Milliarden Euro geworden. Bei der operativen Rendite hatten die Börsenexperten mit 7,5 Prozent gerechnet.
Auch bei der Höhe der Dividende liegt der VW-Konzern über den Erwartungen von 6,86 Euro für die Vorzugsaktie. Dem Haupteigner von Volkswagen, der Stuttgarter Holding Porsche SE, über die die Familie Porsche-Piëch die Mehrheit am Wolfsburger Autokonzern hält, fließen damit voraussichtlich knapp 1,2 Milliarden Euro zu.
Bei der Ausschüttungsquote an die Aktionäre verpasst Volkswagen allerdings die eigenen Vorgaben. Der VW-Konzern kommt für 2021 auf eine Quote von 25,4 Prozent und steht damit um einiges schlechter da als vor zwölf Monaten. Denn für 2020 lag die Ausschüttungsquote sogar schon bei 29 Prozent.
Volkswagen will dauerhaft eine Quote von 30 Prozent erreichen, um an den Finanzmärkten im Wettbewerb mit anderen Unternehmen konkurrenzfähig zu sein. 2021 macht Volkswagen in dieser Hinsicht additionally wieder einen Rückschritt auf dem Weg zur 30-Prozent-Marke.
Zudem ist die neue Dividende für 2021 noch längst nicht gesichert. Der Aufsichtsrat hat am Freitag zunächst dem Vorschlag des Vorstandes zugestimmt. Die endgültige Entscheidung über die Dividende fällt erst auf der für Mitte Mai geplanten Hauptversammlung.
Vor zwei Jahren hatte die Hauptversammlung den ursprünglichen Dividendenvorschlag des Vorstandes wieder zurückgenommen. Auslöser dafür struggle die Corona-Pandemie. Volkswagen konnte die ursprünglichen wirtschaftlichen Prognosen nicht mehr aufrechterhalten. Der Konzern nahm den ersten Dividendenplan zurück und kürzte die Ausschüttung an die Aktionäre, um damit zusätzliche Reserven anzulegen. Sollte der Ukrainekrieg anhaltend detrimental Folgen haben, wäre ein solcher Schritt auch in diesem Jahr denkbar.
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