Theater sind nicht die größten Klimasünder – aber Produktionen brauchen Strom und Ressourcen. Was heißt es, klimaneutrales Theater zu machen?
Das Theater Oberhausen zeigt aktuell das Stück „BamBamBambi“ nach dem Roman von Felix Salten „Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ (1922). Die Geschichte dürfte vielen aus der gleichnamigen Disney-Verfilmung bekannt sein. Salten wollte die Faszination des Waldes vermitteln. Das Theater Oberhausen macht sich aktuelle Gedanken zum Thema Natur und inszeniert das Stück als „klimaneutrales Theater“. Was das heißt, erklärt im Interview Anne Verena Freybott, Leiterin der Sparten „Junges Theater“ und „Open House“.
t-online.de: Das Theater Oberhausen zeigt mit „BamBamBambi“ ein klimaneutrales Stück. Warum?
Anne Verena Freybott: Wir haben uns am Theater Oberhausen schon seit 2022 inhaltlich in mehreren Stücken mit den Themen Klima und Klimakatastrophe auseinandergesetzt. Was erwartet uns, wenn der Klimawandel fortschreitet? Welche Utopien können wir entwickeln, wie das Leben weitergeht? Da war es ein logischer nächster Schritt, uns auch praktisch mit unserem Theaterbetrieb und den Klimafolgen auseinanderzusetzen. Was können wir im Theater tun? Natürlich war uns bewusst, dass etwa das Recyceln von Bühnenbildern oder die Wiederverwendung von Kostümen dazugehört. Aber das ist ja nicht alles. Aber es fehlte immer Zeit, Geld und Know-how, um das Thema klimaneutrales Theater anzugehen.
Zur Person
Anne Verena Freybott ist Dramaturgin und leitet aktuell die Sparten „Open Haus“ und „Junges Theater“ am Theater Oberhausen. Bei „BamBamBambi“ machte sie die Dramaturgie.
Aber jetzt ist diese Ressourcen da?
Wir erhalten eine Förderung aus dem Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes. Das hat uns ermutigt und ermöglicht, in die Bestandsaufnahme zu gehen, inhaltliche Hilfen zu suchen und exemplarisch mit einer Produktion in die Umsetzung zu gehen.
Wie funktioniert ein klimafreundliches oder gar klimaneutrales Theater?
Erst haben wir eine Klimabilanz für unser Haus aufgestellt, für das Theater und die Probebühne. Beim Theater gibt es die Faktoren Energieverbrauch für Produktionen und Haus, Mobilität der Besucher und Mitarbeitenden und Transport. Transport ist bei uns kein so großes Thema wie etwa bei Museen, die etwa für jede Ausstellungen Gemälde über weite Strecken transportieren müssen. Wir arbeiten ja vor allem in unseren Orten in Oberhausen. Unsere größten Baustellen waren der Energieverbrauch und die Mobilität der Besucher.
Aber was heißt das? Sie können ja den Besuchern nicht vorschreiben, wie sie ins Theater kommen sollen, oder?
Aber wir können Angebote machen. Wir haben etwa einen Fahrradwettbewerb ausgerufen. Wer mit dem Fahrrad kommt und uns Fotos von seinem Start zu Hause und seinem Ankommen am Theater schickt, kann freie Eintrittskarten gewinnen. Wir versuchen mehr Fahrradparkplätze vor dem Haus anzubieten und verhandeln mit den Verkehrsbetrieben über Kombitickets für Theater und Anfahrt.
Und was passiert im Theater selbst?
Wenn es um Energieverbrauch geht, mussten wir lernen, dass Theater in denkmalgeschützten Häusern eigentlich komplett energiesaniert werden müssten. Das ist eine größere Aufgabe. Aber wir haben praktische Schritte unternommen: Die Energieversorgung geschieht nun weitestgehend aus Ökostrom. Im Probenraum haben wir die Temperatur heruntergedreht. Lampen verbrauchen viel Energie – aber manche Leuchtmittel auch mehr als andere. Wir haben uns gefragt: Welche brauchen wir wirklich? Wir haben auch unseren Fuhrpark verändert: Statt mit dem Transporter zwischen Proberaum und Theater zu pendeln, benutzen wir jetzt Lastenräder. Und alle Mitarbeiter sind damit sehr zufrieden.
Die Produktion „BamBamBambi“ ist selbst klimaneutral, sagen Sie. Wie geht das?
Alle Darsteller und Musiker kommen aus der Region, haben keine langen Anreisewege. Die Bühne sieht aus wie das Geäst eines Baumes im Wald und ist nur aus Bauteilen aus Holz und Rohren gebaut, die wir im Theater immer wieder verwenden. Die Kostüme stammen alle aus dem Theaterfundus. Wir haben nur zwei Paar Schuhe neu gekauft, da können wir ja nicht alle Größen vorrätig haben. Für die Geweihe der Rehe im Stück haben wir unter den Mitarbeitern ausrangierte Fahrradhelme und Kinderstrumpfhosen gesammelt, daraus wurden die Geweihe gefertigt. Das war ein guter kreativer Prozess. Viele Requisiten sind einfach aus Pappe. Das ist auch optisch ein toller Effekt.