Frankfurt Die VTB Direktbank wird wegen des Kriegs in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland mit Anfragen überhäuft und hat deshalb das Kundentelefon vorübergehend abgeschaltet. „Aufgrund der besonderen Scenario erreichen uns zurzeit derart viele Anfragen, dass wir schon mit der Beantwortung sämtlicher Telefonanrufe kaum hinterherkommen“, erklärte der Ableger der zweitgrößten russischen Financial institution VTB auf seiner Internetseite. „Leider vergreifen sich auch zunehmend Anrufer im Tonfall.“
Da die Financial institution auf die Schnelle keine neuen Mitarbeiter einbinden könne, habe sie sich entschieden, „die telefonische Erreichbarkeit kurzfristig einzustellen“. Per E-Mail oder über die Internetseite könne das Institut aber weiter kontaktiert werden.
Auf Antworten müssen die Kunden dann jedoch einige Zeit warten. Am Montag sei das Institut noch dabei gewesen, Anfragen vom 4. März zu bearbeiten, erklärte die VTB Direktbank. Sie ist eine Zweigniederlassung der VTB Financial institution Europe SE, der Europatochter der VTB, und wird von der deutschen Finanzaufsicht Bafin überwacht.
Die VTB Financial institution Europe verfügte Ende September 2021 über Kundeneinlagen in Höhe von 4,35 Milliarden Euro. Bis zuletzt lockte ihr Ableger VTB Direktbank Anleger mit jährlichen Zinszahlungen von bis zu 0,65 Prozent auf Festgeldkonten.
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Mittlerweile darf das Institut jedoch keine Gelder von Privatanlegern mehr einsammeln. Einen entsprechenden Bericht des Handelsblatts vom Montag bestätigte die VTB Direktbank nun. Die Bafin habe dem Geldhaus das Weiterführen seiner Geschäfte gestattet, allerdings mit der Auflage, „dass wir keine neuen Spareinlagen annehmen dürfen“.
Die Bafin sei über die Abschaltung des Kundentelefons informiert worden, sagte eine Sprecherin der Aufsicht. „Wir stehen aufgrund der aktuellen Scenario weiter in intensivem Kontakt mit dem Institut.“
Wartezeiten bei Auszahlung von Tagesgeldkonten
Im Gegensatz zur Europatochter der russischen Sberbank, die nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine zusammengebrochen battle, sei die wirtschaftliche Lage der VTB Financial institution Europe stabil, erklärte das Institut. Angesichts der Sanktionen gegen Russland und den Mutterkonzern VTB ist jedoch klar, dass das Geschäft der Frankfurter Dependance nicht so weiterlaufen kann wie in der Vergangenheit.
Die Aufsichtsbehörden und die deutschen Privatbanken hoffen deshalb darauf, die VTB Europe in eine Artwork Winterschlaf versetzen zu können, damit das Institut sein Geschäft kontrolliert herunterfahren kann. So soll ein Zusammenbruch verhindert werden, bei dem die Einlagensicherung der deutschen Privatbanken einspringen müsste. Diese hatte erst im vergangenen Jahr mit der Pleite von Greensill einen großen Schadensfall.
Nach Angaben der VTB Europe sind Gelder bei ihr wegen der Mitgliedschaft im Einlagensicherungsfonds bis mindestens 750.000 Euro professional Kunde abgesichert. Darüber hinaus betont das Institut, dass Auszahlungen von seinen Tagesgeldkonten weiter möglich seien. Aufgrund des hohen Bearbeitungsstands könne es dabei aber „zu längeren Wartezeiten kommen“.
Der Mutterkonzern VTB ist worldwide unter Druck geraten: Er ist eines von sieben russischen Geldinstituten, die von der EU vom internationalen Zahlungsnachrichtensystem Swift ausgeschlossen werden. Das betrifft jedoch nicht die Europatochter. VTB erklärte, ihre Europatochter werde weiter tätig sein, suche aber nach Möglichkeiten, ihre Aktivitäten zu vereinfachen.
Finanzplatz hilft Löwen Frankfurt aus der Patsche
In Hessen battle die VTB Financial institution Europe viele Jahre auch als Hauptsponsor des Eishockeyteams Löwen Frankfurt aktiv. Der Zweitligist beendete das Sponsoring Ende Februar wegen des Kriegs in der Ukraine jedoch mit sofortiger Wirkung – und geriet dadurch in finanzielle Schwierigkeiten.
Am Dienstag kündigten mehrere Frankfurter Finanzinstitute an, die Finanzierungslücke der Löwen Frankfurt bis zum Saisonende zu schließen. „Deutsche Financial institution, Frankfurter Volksbank, Helaba, ING Deutschland, Metzler, Oliver Wyman und Valuebridge haben ihre kurzfristige sowie unbürokratische finanzielle Hilfe zugesagt“, erklärte die Finanzplatzinitiative Frankfurt Major Finance.
Mit weiteren Finanzplatzakteuren sei man im Gespräch, insbesondere, um die ebenfalls vakanten Sponsorenplätze für die nächste Spielzeit zu besetzen und damit die Lizenzierung für die Saison 2022/2023 sicherzustellen.
„Die spontane Hilfsbereitschaft des Finanzplatzes ist überwältigend und macht uns Mut“, erklärte Stefan Krämer, geschäftsführender Gesellschafter der Löwen Frankfurt. Durch die neue Unterstützung könne sich der Verein vorerst wieder mehr auf Eishockey und den angepeilten Aufstieg in die erste deutsche Eishockey-Liga (DEL) konzentrieren.
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