Nach dem Sieg über Frankfurt kritisiert BVB-Kapitän Emre Can die schlechte Stimmung in Dortmund. Und was ist mit der EM-Teilnahme?
Passender hätte die Uhrzeit nicht sein können: Exakt 19.09 Uhr, also die Ziffern des Gründungsjahres von Borussia Dortmund, zeigte die Uhr, als ein kollektiver Jubelschrei der Erlösung durch das Dortmunder Stadion hallte. Mats Hummels hatte den BVB mit einem Flugkopfball gegen die Frankfurter Eintracht 2:1 in Führung gebracht. Emre Can machte in der Nachspielzeit per Elfmeter den Deckel auf ein Spiel, in dem sich die Borussia über weite Strecken mit guten Tormöglichkeiten schwergetan hatte.
Nach dem 3:1-Erfolg und der Rückkehr auf Platz vier der Tabelle sprach Can über die spielentscheidenden Momente dieser Partie und gab einen Einblick in seine persönliche Stimmungslage mit Blick auf die deutsche Nationalmannschaft und die EM im Sommer. Außerdem übte der Kapitän der Borussia deutliche Kritik an der seiner Meinung nach viel zu negativen Stimmung rund um den BVB in Dortmund.
…den Spielausgang: Es war ein verdienter Sieg! Wir haben eine gute Leistung gezeigt – auch wenn wir ein Gegentor kassiert haben, was nicht sein muss. Im Großen und Ganzen war es aber eine solide Leistung.
…den Spielverlauf: Es war ein Geduldsspiel. Die Eintracht hat es gut gemacht. Unser Dosenöffner war ganz klar Mats Hummels mit seinem Kopfball. Es war ein schöner Freistoß von Julian (Brandt). Wir wissen, dass Mats dann in solchen Situationen brandgefährlich ist.
…die Rote Karte gegen ihn, die Schiedsrichter Tobias Stieler nach VAR-Intervention zurückgenommen und in eine Gelbe Karte umgewandelt hat: Ich habe ganz klar den Ball gespielt. Ich finde sowieso, dass in den letzten Wochen zu viele Rote Karten gegeben worden sind. Zum Glück hat der Schiedsrichter sich die Szene heute nochmal angeschaut. In England würden sie für so etwas noch nicht mal Foul pfeifen, weil ich zuerst den Ball spiele. Der Schiri hat dann zu mir gesagt, dass es Rot gewesen wäre, wenn ich eine Sekunde später gekommen wäre. Bin ich aber nicht – ich habe den Ball gespielt, das ist entscheidend.
…seine eigene Leistung in dieser Partie und in den letzten Wochen: Es war eine gute Leistung, das war ganz okay. Es war auch nicht alles schlecht in den letzten Wochen. Gegen Hoffenheim habe ich ein schlechtes Spiel gemacht, aber sonst war es okay. Ich kann das immer gut einschätzen. Die Presse schreibt ihren Teil, ich denke mir meinen Teil. Ich bin schon lange dabei und kann das gut einschätzen. Es war nicht alles schlecht, es war nicht alles gut. Aber gegen Frankfurt war es ganz okay, würde ich sagen. So kann es weitergehen. Und das ist auch mein Anspruch.
…die Unruhe und Unzufriedenheit im Dortmunder Umfeld nach dem bisherigen Saisonverlauf: Es ist manchmal unfassbar in Dortmund, was hier passiert. Es scheint von außen so negativ zu sein, aber das ist es gar nicht. Wir sind im Viertelfinale der Champions League, wir sind Vierter in der Bundesliga. In der Rückrunden-Tabelle dieses Jahres sind wir Zweiter, also ganz oben dabei. Aber es kommt einem nicht so vor. Man denkt, wir hätten sehr viele Spiele verloren, aber das stimmt nicht. Wir gewinnen viele Spiele. Das ist das Entscheidende. Aber wenn man manchmal die Medien liest, dann denkt man, wir hätten zehn Spiele verloren.
…die Pläne für die Länderspielpause, in der dieses Mal viele Profis vor Ort in Dortmund sein werden: Keine Ahnung! Wir werden arbeiten. Aber das muss man den Trainer fragen, was wir genau machen werden.
…seine Nicht-Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft für die beiden Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande, auch mit Blick auf die EM im Sommer: Ich habe mit Julian (Nagelsmann) telefoniert. Ich würde nicht sagen, dass ich enttäuscht war, weil ich es ein bisschen nachvollziehen kann. Da muss ich ehrlich sein. Aber er hat auch zu mir gesagt, dass die Tür noch offen ist. Wir haben noch drei Monate bis zur Europameisterschaft. Ich werde darum kämpfen, ich will unbedingt dabei sein!