Gegen Kroatien musste das DHB-Team eine bittere Niederlage schlucken. Jetzt steht gegen Österreich ein Endspiel um Olympia an. Doch es geht um noch mehr.
Sie machen es wieder spannend: Mit einem Sieg gegen Kroatien hätte die deutsche Handball-Nationalmannschaft einen riesigen Sprung Richtung Olympia machen können. Stattdessen setzte es für das Team von Bundestrainer Alfred Gislason am Samstagnachmittag speziell aufgrund einer desolaten ersten Halbzeit eine 30:33-Niederlage.
Am Sonntag steht in der ZAG-Arena von Hannover deshalb nun ein Endspiel um die Olympia-Qualifikation gegen Österreich an. Dabei geht es jedoch um mehr als nur das Ticket nach Paris. Denn sollte das DHB-Team scheitern, steht es vor dem Abgrund einer ungewissen Zukunft.
Alte Schwächen sind wieder da
Das Spiel gegen Kroatien war dabei eines der zwei Halbzeiten. In der ersten Hälfte offenbarte die deutsche Mannschaft mal wieder alte Schwächen. Wie schon bei mehreren Spielen bei der Heim-Europameisterschaft im Januar zeigte sich die Offensive in der ersten Hälfte mal wieder von ganz schwacher Seite. Zu viele freie Fehlwürfe und zahlreiche technische Fehler ließen das durchaus motivierte Publikum verzweifeln.
Da auch die deutsche Defensive ungewohnt wackelig agierte, ging es mit einem Sechs-Tore-Rückstand in die Pause, der fast noch schmeichelhaft war. „Wir haben riesige Fehler und viele Fehler gemacht“, wurde Trainer Gislason auf der Pressekonferenz nach dem Spiel deutlich. Kreisläufer Jannik Kohlbacher analysierte nüchtern: „Wir haben uns das Spiel selbst verbaut in den ersten 20 bis 25 Minuten, wo wir die Kroaten durch unsere Technikfehler ins Spiel gebracht haben.“
Auch Mannschaftskapitän Johannes Golla machte die Abschlussschwäche bei freien Würfen als Hauptgrund für die Niederlage aus und stellte fest: „Das ist etwas, das uns schon länger begleitet.“ Spielmacher Juri Knorr wirkte bei der Ursache für die immer wiederkehrenden Abschlussprobleme sogar ratlos: „Ich weiß auch nicht, uns fehlt einfach der Fokus und wir verwerfen zu viel.“
Endspiel ausgerechnet gegen Österreich
Gegen Österreich steht nun also ein Endspiel um das Olympia-Ticket an – ausgerechnet möchte man fast sagen. Denn das Hauptrunden-Duell gegen die Österreicher bei der EM war genau eines der Spiele, wo sich die Offensivprobleme der Deutschen deutlich bemerkbar machten. Nach insgesamt 23 Fehlwürfen, viele davon frei vor dem Tor, hatte sich das DHB-Team im Januar zu einem 22:22-Remis gemüht.
Bundestrainer Gislason ist also gut beraten, schnell eine Lösung für die Probleme zu finden. Eine Wiederholung der Leistung aus dem Januar wird ihn nämlich wohl den Job kosten.
Vertrag auf Bewährung
Schon vor Beginn der Olympia-Quali war klar: Wird das Ticket für Paris nicht gelöst, muss Gislason gehen. Denn die Vertragsverlängerung bis einschließlich der Heim-WM 2027, die der DHB mit seinem Trainer aushandelte, greift nur bei einer erfolgreichen Qualifikation. Sonst läuft der Vertrag sofort aus.
Noch vor dem ersten Spiel am vergangenen Donnerstag hatte sich DHB-Sportvorstand Axel Kromer bemüht, die Bedeutung der Klausel herunterzuspielen. Sowohl Gislason als auch der Verband würden sich zu ihrem Favoritenstatus bekennen, sagte er. Deshalb sei das Thema „keinen Fokus mehr wert.“
Es gibt keinen Plan B
Vor dem entscheidenden Spiel gegen Österreich rückt die Thematik nun aber zwangsläufig wieder in den Fokus. Denn obwohl die Ergebnisse bei den großen Turnieren unter Gislason von Platz zwölf bei der WM 2021 zu Platz vier bei der Heim-EM im vergangenen Januar stetig besser wurde, könnte der Arbeit des Trainers nun ein abruptes Ende gesetzt werden.
Wie ginge es in dem Fall weiter? Auf diese Frage hat der DHB nach eigenem Bekunden selbst keine Antwort. Die Frage nach einem bestehenden Plan B zu Gislason verneinte Kromer zuletzt. Sollte das der Wahrheit entsprechen, stünde der DHB bei einer Niederlage gegen Österreich mit heruntergelassener Hose da – und die noch blutjunge Mannschaft vor einer ungewissen Zukunft.
Die zweite Halbzeit macht Hoffnung
Was macht also Hoffnung, dass dieses Schicksal abgewendet werden kann? Die Protagonisten sind sich einig: die zweite Halbzeit gegen Kroatien. Grundsätzlich fahre man zwar mit einem schlechten Gefühl nach Hause, sagte etwa Kapitän Golla, doch man habe auch „gesehen, dass wir es besser können.“ Auch Kohlbacher sprach von der zweiten Halbzeit als „Grundstein für morgen“.