Dieser Mann ist ein Phänomen: Mit Ende 50 ist Rick Astley plötzlich auf dem Höhepunkt der Karriere. Am Freitag war er in Hamburg zu Gast.
Rick Astley und cool? In den späten 1980ern hat das vermutlich niemand gesagt. Zu weich, zu glatt, zu perfekt von Stock Aitken Waterman – die machten auch Kylie Minogue berühmt – produziert. Fair war das dem jungen Rick gegenüber wohl nicht, die Platten verkauften sich dennoch millionenfach. Viele Menschen mochten die Songs eben doch, nur heimlich.
1991 war die Karriere schon wieder beendet. Bis das Internet 2007 das „Rickrolling“ erfand und einige Jahre später die Foo Fighters die Musik des Briten coverten. Plötzlich war Rick Astley cool. Und er war nach 25 Jahren zurück im Rampenlicht – wie an diesem Freitagabend in der Wilhelmsburger edel-optics.de-Arena. Rund 4000 Fans wollen auf Herz und Nieren prüfen, wie der 58-Jährige mittlerweile drauf ist. Die meisten sind ähnlich alt wie Rick Astley: Jetzt, 37 Jahre später, darf man ja endlich öffentlich zu dieser Mucke stehen.
Rick Astley ist mit 58 Jahren auf dem Höhepunkt
Gegen 20.45 Uhr legen Rick Astley und seine neunköpfige Band los. Das Bühnenbild ist auf das Allernötigste reduziert – auf die Musiker selbst. Zum Start gibt’s „Never Gonna Stop“ vom im Oktober veröffentlichten Album „Are We There Yet?“. Der Song passt ebenso gut als Motto wie der folgende – „Together Forever“. Eine soulige Stimme hatte er immer schon, nun auch die passende Band dazu. Es ist funky, groovy, ein bisschen rockig, ein bisschen Disco. Vor allem aber macht es Spaß. Weil Rick Astley Spaß hat. Ein Beispiel: Als er die Männer auffordert, die Schmacht-Ballade „Hold Me In Your Arms“ mitzusingen, macht er das in einer Gorilla-Pose.
Rick Astley ist als würdevoll alternde Ikone auf dem Zenit angekommen. „Ich weiß doch, weshalb ihr hier seid. Ihr wollt ein paar Songs aus den Achtzigern“, sagt er zwischendurch. Eine reine Nostalgiereise ist der Abend aber definitiv nicht. Die neuen Werke, von denen auch „Dippin‘ My Feet“, „Driving Me Crazy“, „Forever and More“ und „Maria Love“ auf der Setlist stehen, kommen gut an. Rick Astley macht sein Ding, frei von dem engen Pop-Korsett von früher.
Hier ein bisschen Rolling Stones einbauen, da eine Prise a-ha, ein wenig Depeche Mode, etwas Lizzo? Weshalb denn nicht, ist doch cool. Wer bei „Whenever You Need Somebody“ genau hinhört, entdeckt „Good Times“ von Chic darin eingewoben. Harry Styles‘ „As It Was“ covert der Brite dann auch noch ganz, einfach, weil er so viel Spaß an diesem Lied hat. Der bunte Rick-Astley-Mix kommt an: Obwohl es nur Sitzplätze gibt, hält es kaum Fans auf den Stühlen. Es wird getanzt, geklatscht, gesungen und gefeiert, als wäre plötzlich wieder 1987. Je länger der Abend dauert, umso intensiver fühlt er sich an.
Rick Astley überrascht mit AC/DC
Ein Highlight jagt das nächste, viel zu schnell stimmt Rick Astley schon die Zugabe an. „Mit 15 lernte ich Schlagzeug“, erinnert er sich. Besonders einen Song habe er damals zum Üben gemocht, sagt Rick Astley, setzt sich an die Drums und gibt AC/DCs „Highway to Hell“ zum Besten. Als wäre er Phil Rudd höchstpersönlich und zugleich Bon Scott, denn das Singen lässt er sich nicht nehmen. Hardrock statt Schulterpolster – damit dürften nicht viele Fans gerechnet haben.
Und dann: Das große Finale. DER eine Song. Wie damals im Video – das hat übrigens 1,5 Milliarden Aufrufe auf YouTube – trägt Rick Astley einen blauen Blazer und ein gestreiftes Shirt. Die alten, so ikonischen Tanzbewegungen hat er immer noch drauf. „Never Gonna Give You Up“ ist eine Hymne und zeigt als funky Disco-Version ihr wahres Potenzial. Sie ist so zeitlos wie ihr Sänger mittlerweile selbst. Für den ist eine Sache nach 90 kraftvollen Minuten ganz klar: „Bis zum nächsten Mal, Hamburg!“