Klimawandel, Klimakrise, Klimakatastrophe: Welche Worte wir nutzen, verrät, wie wir die Welt sehen, und sie beeinflussen zugleich unser Handeln.
Als Klimaaktivistinnen von Fridays for Future anfingen, von „Klimakatastrophe“ zu sprechen, konnte ich damit wenig anfangen. Ich hielt es für einen abstrakten, aktivistischen Begriff, der vor allem Aufmerksamkeit erregen sollte. Natürlich waren die Starkregen und Überflutungen, Dürren und Stürme, die es weltweit in den vergangenen Jahren schon gab, dramatisch und verheerend. Klar stecken wir in einer Krise, politisch und klimatisch, aber Klimakatastrophe? Das kam mir übertrieben vor. Ich beschäftige mich seit 2018 täglich mit Umwelt- und Klimathemen, doch eine Vorstellung davon, wie diese Klimakatastrophe konkret aussieht und was sie mit meinem Leben zu tun hat, hatte ich lange nicht. Und ich bin ganz offenbar nicht die Einzige.
Der Konsens zum Klimawandel
Der US-amerikanische Humangeograf Anthony Leiserowitz, der zur Kommunikation der Klimakrise forscht, hat den Konsens zum Klimawandel im Englischen auf zehn knackige Wörter zusammengedampft. Im Original lauten sie: It’s real. It’s us. It’s bad. Experts agree. There’s hope.
Für die Übersetzung, die unter anderem das Deutsche Klimakonsortium veröffentlicht hat, braucht es 20 Wörter:
Er ist real.
Wir sind die Ursache.
Er ist gefährlich.
Die Fachleute sind sich einig.
Wir können noch etwas tun.
Diese Worte hätte ich mein Leben lang unterschrieben, seit ich in der Grundschule zum ersten Mal vom Klimawandel hörte.
Natürlich nahm ich den Klimawandel ernst. In meiner Kindheit hatte er mir jahrelang Angst gemacht. Ich hatte meine Eltern genervt, wenn sie das Auto nahmen, um zu meiner Großmutter zu fahren, die am anderen Ende der Straße wohnte, oder wenn sie beim Lüften nicht die Heizung herunterdrehten. Aber irgendwann war das Thema in meinem Leben nicht mehr so präsent. Obwohl der menschengemachte Klimawandel immer akuter wurde, hörte ich auf, mir Sorgen deswegen zu machen. Weder ums Klima noch um mich.
Menschen verdrängen Klimakrise im Alltag
Es ist paradox: Manche Menschen sehen seit Jahrzehnten, dass wir uns auf eine wortwörtliche Katastrophe zubewegen, die sie selbst und ihre Kinder miterleben werden. Einige sind sich dessen sehr bewusst, andere verdrängen es im Alltag ziemlich effektiv. Ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung aber erkennt die Fakten und Gefahren durchaus an, scheint jedoch nicht zu ahnen, dass die Auswirkungen sie selbst massiv betreffen werden.
Dieses Missverständnis ist, neben den Verzögerungsnarrativen der Lobby für fossile Energien, das zentrale Problem in der Diskussion über Klimaschutz. Wir reden gesellschaftlich über sehr unterschiedliche Dimensionen von Gefahren, die es abzuwehren gilt – und entsprechend über unterschiedliche Ansätze, was, wie stark und wie schnell es zu tun ist. Das verzögert dringend nötige Maßnahmen.
Video | „Wer das nicht begreift, dem kann man nicht mehr helfen“
Quelle: t-online
Es macht einen Unterschied, ob ich annehme, dass Trinkwasser- und Lebensmittelknappheit schon in meiner Lebenszeit ernsthafte Probleme sein werden oder erst für meine Urenkel. Nicht nur aus Eigennutz, sondern auch, weil es den Maßstab verschiebt, wie schnell und konsequent wir einerseits Anpassungsmaßnahmen und andererseits die Verkehrs-, Energie-, Bau-, Heiz-, Ernährungs- und Agrarwende umsetzen müssen.