Die Union lässt nicht locker: Erneut soll der Bundestag am Donnerstag über Taurus-Lieferungen an die Ukraine abstimmen. Lesen Sie hier den Antrag im Wortlaut.
Der Bundestag stimmt am Donnerstag erneut über einen von der Union eingebrachten Antrag über eine Lieferung deutscher Marschflugkörper an die Ukraine ab. Im Vorfeld haben die Ampel-Partner bereits eine gemeinsame Linie trotz des Grundsatzstreits über den Taurus abgesichert.
Dass der von der Union eingebrachte Antrag im Bundestag am Donnerstag eine Mehrheit finden könnte, gilt als ausgeschlossen. Führende Politiker von Grünen und FDP bekräftigten Forderungen nach einer Lieferung, machten aber deutlich, dass die Koalitionsdisziplin bis auf einzelne Abweichler eingehalten werde. Aus der SPD wurde Kanzler Olaf Scholz der Rücken gestärkt. Dieser hatte der Lieferung des Waffensystems am Vortag erneut eine klare Absage erteilt.
Der Taurus-Antrag der Union im Wortlaut
Doch was fordert die Union in ihrem Antrag eigentlich genau? Lesen Sie hier den Text, der zur Abstimmung steht, im Wortlaut:
Video | So funktioniert die Hightech-Waffe „Taurus“
Quelle: t-online
„1. Der Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag hat am 28. April 2022 mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Antrag ‚Frieden und Freiheit in Europa verteidigen – Umfassende Unterstützung für die Ukraine‘ (Drs. 20/1550) angenommen. In diesem Beschluss forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem auf, die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und womöglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung von schweren Waffen und komplexen Systemen vorzunehmen, ohne die Fähigkeiten der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung zu gefährden.
Die Ausbildung an und die Übergabe von schweren Waffen durch Deutschland und weitere verbündete Staaten hat die Ukraine in die Lage versetzt, sich in einem heroischen Abwehrkampf der russischen Aggression zu widersetzen und weitere großflächige Raumgewinne der russischen Angreifer zu verhindern. Doch in den vergangenen Monaten hat sich der Krieg zu einem Stellungs- und Abnutzungskrieg entwickelt.
Die ukrainischen Verluste an Menschen und Material sind schwerwiegend. Gleichwohl gelang es den ukrainischen Streitkräften zuletzt an vereinzelten Frontabschnitten unter entsetzlichen Verlusten, Geländegewinne zu erzielen. Die russischen Streitkräfte können auf eine zunehmend auf Kriegswirtschaft umgestellte industrielle Basis zurückgreifen und sich auf eine in den besetzten ukrainischen Gebieten angelegte, weitestgehend ungefährdete, logistische Basis inklusive Depotstrukturen abstützen. Dies gewährleistet eine umfangreiche Versorgung der russischen Truppen.
Den ukrainischen Kräften mangelt es an der Fähigkeit, Versorgungslinien, Führungseinrichtungen und die logistischen Strukturen gezielt anzugreifen, um die Grundlage für das Vortragen weiterer erfolgreicher Offensiven zu schaffen. Folgerichtig hat die Ukraine daher bereits mehrfach den Wunsch nach abstandsfähiger Präzisionsbewaffnung geäußert und dabei auch konkret bei Deutschland im Mai 2023 eine Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers erbeten.
Vermehrt hatten sich Mitglieder der die Bundesregierung tragenden Fraktionen sowie vereinzelte Mitglieder der Bundesregierung für die entsprechende Lieferung ausgesprochen, zumal Vertreter der ukrainischen Regierung mehrfach zugesichert haben, dass dieses Waffensystem ausschließlich auf dem Territorium der Ukraine eingesetzt wird und damit den Sorgen, dass deutsche Waffen genutzt würden, um russisches Drucksache 20/9143 – 2 – Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode Staatsgebiet anzugreifen, zu begegnen. Der Verteidigungskampf der Ukraine lehrt: Es gibt keinen Grund an den ukrainischen Zusagen zu zweifeln.
Denn obwohl inzwischen Frankreich und Großbritannien Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow und SCALP und die USA Boden-Boden-Systeme ATACMS geliefert haben, weigert sich die Bundesregierung weiterhin, Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Nach einer Reihe von Ausreden erklärte der Verteidigungsminister Boris Pistorius am 31. Oktober 2023 im Deutschlandfunk, warum Deutschland nicht liefert. Deutsche Taurus hätten eine höhere Reichweite und Durchschlagskraft als die bereits gelieferten Marschflugkörper.
Das heißt konkret: Deutschland liefert keine Taurus, weil diese hochwirksam und noch effektiver als die bereits gelieferten Systeme sind. Wenn die Bundesregierung tatsächlich das Ziel verfolgt, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss, dann sollte sie ein so wirksames System nicht zurückhalten, sondern gerade dieses liefern. Es ist in unserem eigenen Sicherheitsinteresse, der Ukraine die Waffen zu geben, die sie braucht, um Russland militärisch zurückzudrängen. Ein solcher Erfolg ist auch Voraussetzung für jedwede Verhandlungen.
2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
- endlich unverzüglich der ukrainischen Bitte nach Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus verfügbaren Beständen der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang zu entsprechen;
- eine etwaig [sic] erforderliche Integration des Waffensystems Taurus in ukrainische Lfz-Muster in Abstimmung mit der deutschen Rüstungsindustrie zu unterstützen und notwendige Anpassungen vorzunehmen;
- ukrainische Soldaten zum Einsatz des Waffensystems Taurus auszubilden;
- wo erforderlich, durch geeignete Zusammenarbeit mit der deutschen Rüstungsindustrie den Hemmnissen bei der Weitergabe von sensitiven Informationen zu begegnen;
- Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr, die durch die Abgabe an die Ukraine entstehen, durch sofortige Nachbeschaffung zu schließen und den Bestand der Bundeswehr rasch vollständig einsatzbereit zu machen;
- die Industrie bei der Erhöhung der Produktionskapazitäten für nachhaltige Versorgung und potenzielle Direktlieferungen zu unterstützen;
- die Beschaffung weiterer Taurus-Marschflugkörper entsprechend dem operativen Bedarf und den bei der NATO eingegangenen Verpflichtungen durchzuführen.“