Christian Wück wird neuer Bundestrainer der DFB-Frauen. Dabei coachte er zuletzt nur Jugendmannschaften. Ob ihm das auf die Füße fällt?
Erst Europameister, dann der WM-Titel: Deutsche Fußballfans wurden von der U17-Nationalelf im vergangenen Jahr verwöhnt. Architekt der Triumphe: Trainer Christian Wück, der aus den Teenagern eine echte Mannschaft mit ansteckender Begeisterung, mitreißendem Spiel und leidenschaftlichem Zusammenhalt formte. Nach dem Olympischen Spielen im Sommer soll er dieses Kunststück mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft wiederholen. Der Christian Wück, der genau das nun nach den Olympischen Spielen auch bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft schaffen soll. Dann übernimmt der 50-Jährige von Interimstrainer Horst Hrubesch.
Wück steht für das, was dem DFB gerade fehlt: Erfolg – den die DFB-Frauen wieder brauchen, um sich bei Fußball-Deutschland wieder in den Vordergrund zu rücken. Der weltgrößte Einzelsportverband vertraut sein Aushängeschild Frauenfußball einem Trainer an, der zuvor noch nie im Frauenfußball gearbeitet hat. Leicht wird es für ihn nicht. Im Gegenteil. Auf Wück wartet eine Mammutaufgabe, ein Neustart – und er könnte dafür genau der Richtige sein.
Denn Wück wird nach Olympia höchstwahrscheinlich einen Umbruch leiten müssen – es drohen mehrere Abgänge: Neben Kapitänin Alexandra Popp ist auch die Zukunft von langjährigen Stammkräften wie Marina Hegering oder Svenja Huth unklar. Trotzdem bliebe Wück ein intaktes Team, in das er neue, junge Talente integrieren kann – und seine Erfahrungen aus den deutschen Jugendmannschaften werden ihm dabei helfen.
Wück hat direkt Hilfe an der Seite
Dabei muss er nicht von Null anfangen: Hrubesch verzichtete zuletzt bereits auf namhafte Spielerinnen, setzte stattdessen unter anderem auf die 22-jährige Vivien Endemann vom VfL Wolfsburg und nominierte bewährte Vizeeuropameisterinnen wie Lina Magull oder Lena Lattwein nur auf Abruf.
Dass Wück eine Mannschaft formen und führen kann, hat er im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt. Er bringt einen Blick von außen mit – und hat dazu mit Maren Meinert eine Co-Trainerin an seiner Seite, die selbst als Spielerin große Titel (Europameisterin 1995, 1997, 2001; Weltmeisterin 2003) feiern konnte.
Meinert kann Wück vor allem auch dabei helfen, die Unterschiede zum Männerfußball schneller zu verinnerlichen, welche der niederländische Frauen-Nationaltrainer Andries Jonker mal so treffend beschrieb: „Bei den Männern heißt es immer: Ich. Ich muss spielen, ich muss eine Leistung abrufen, ich muss meinen Vertrag verlängern, ich muss wechseln. Es geht immer um den Spieler selbst. Das ist nicht falsch. Aber es ist so. Bei den Frauen heißt es: Wir. Was können wir machen? Wie können wir zusammenspielen? Wie verbessern wir uns? Männer sind motiviert, Frauen sind hingebungsvoll. Es hat mehr Wert.“
Und bevor die Kritik lauter wird, nach der Wück mangels Erfahrung im Frauenfußball der Falsche sei: Erinnern Sie sich? Als Hrubesch 2018 zum ersten Mal den Posten des Bundestrainers interimsweise als Nachfolger von Steffi Jones übernahm, kam er auch ohne tiefere Vorkenntnisse in eine für ihn neue Welt. Mittlerweile hat er den Frauenfußball lieben gelernt.
Christian Wück kann nun mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft ein neues Kapitel aufschlagen – für die Elf, aber auch für sich. Es ist eine Mammutaufgabe – jetzt muss er nur noch zeigen, dass er wirklich der Richtige dafür ist.