Einst erwarben Börsenhändler alte Nato-Masten in Belgien, um blitzschnell am Aktienmarkt zu handeln. Private Anleger können auf anderem Wege clever handeln.
Wer früher als professioneller Aktienhändler in Sekundenbruchteilen traden wollte, musste zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen: So dienten damals Nato-Masten dazu, Handelsaufträge per Mikrowellentechnologie zu übermitteln. Ehemalige Richtfunkmasten des Militärs wurden genutzt, um Signale mit Lichtgeschwindigkeit von der Börse in Frankfurt an den Handelsplatz in London zu senden.
Wer als Privatanleger vor 30 Jahren an der Börse handeln wollte, musste hingegen Geduld mitbringen: Wer Wertpapiere kaufen oder verkaufen wollte, musste damals einen schriftlichen Auftrag erteilen. Später genügte ein Anruf beim Broker, doch auf die Bestätigung der Ausführung und den tatsächlichen Kurs musste man manchmal tagelang warten, bis die Post im Briefkasten lag. Inzwischen hat die Digitalisierung auch den Wertpapierhandel revolutioniert. Käufe und Verkäufe sind in Sekundenschnelle möglich.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Broker ist nicht gleich Broker
Bei Anbietern wie Smartbroker in Berlin ist durch die Anbindung an 25 Börsen im Ausland, darunter Kanada, Japan und Australien, theoretisch ein Handel rund um die Uhr möglich. Schnell, digital und günstig lautet die Devise. Das Parkett als Marktplatz hat weitgehend ausgedient. Günstig ist allerdings nicht selbstverständlich, wenn man sich die Gebühren bei Volksbanken oder Sparkassen für den Aktienhandel ansieht oder Kunde bei der Postbank ist. Für Anleger ist neben der Brokerwahl aber auch die Frage spannend, ob es einen großen Unterschied macht, börslich oder außerbörslich zu kaufen.
Gleich oder doch nicht
Zumindest auf den ersten Blick laufen Transaktionen im außerbörslichen Handel fast genauso ab wie direkt über die Börse. Wer seine Ordermaske aufruft und eine Aktie kaufen möchte, bekommt neben den bekannten Regionalbörsen wie Hamburg auch rein digitale Handelsplätze wie Xetra, LS Exchange, Tradegate oder Gettex angezeigt. Die LS Exchange gehört, wie der Name schon sagt, zum Düsseldorfer Finanzdienstleister Lang & Schwarz. Sie richtet sich an Privatanleger und bietet die längsten Handelszeiten. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das Handelssystem der Bayerischen Börse, Gettex, welches bei privaten Anlegern in den vergangenen Jahren einen großen Sprung machte und vor allem der Börse Frankfurt merklich Marktanteile streitig machte.
Günstig kaufen im Direkthandel
Während an Präsenzbörsen zwischen Käufer und Verkäufer sogenannte Market Maker für einen reibungslosen Handel verantwortlich sind, werden die Transaktionen an digitalen Handelsplätzen sofort und damit schneller ausgeführt. Börsenplatzgebühren, Maklercourtage und Bankprovisionen entfallen, die Kosten im Direkthandel sind meist etwas günstiger. Nachbörslicher Handel, niedrigere Kosten und schnellere Ausführung sind die Hauptgründe, warum viele Privatanleger inzwischen digitale Handelsplätze bevorzugen.
Zudem gibt es hier meist keine Teilausführungen, die gerade bei weniger liquiden Werten oder größeren Beträgen im börslichen Handel teuer werden können. Zudem bieten im Zertifikatehandel zahlreiche Emittenten wie Morgan Stanley, UBS, JP Morgan und Vontobel mit ausgewählten Brokern wie Consorsbank, Smartbroker oder Flatex ab einem bestimmten Volumen kostenlose außerbörsliche Handelsaktionen an. Im Falle von Morgan Stanley gibt es in Kooperation mit der Börse Stuttgart für kostenfreie Trades ab 1.000 Euro Volumen sogar einen Euro oben drauf, sofern die Trades via Comdirect ausgeführt werden. Easy Euwax heißt dies auch, wobei die Euwax zur Stuttgarter Börse gehört.
Im Falle eines Falles …
Allerdings sollte man nicht nur auf die Kosten schauen. Beim Börsenhandel werden die Preisfeststellung und die Auftragsabwicklung von einer unabhängigen Handelsüberwachungsstelle beaufsichtigt. Damit bietet der klassische Wertpapierhandel über die Börse einen höheren Anlegerschutz, während der außerbörsliche Handel keiner staatlichen Börsenaufsicht unterliegt. Neben der geringeren Transparenz gibt es auch regionale Börsen, die sich auf bestimmte Marktsegmente spezialisiert haben. Wer also eher exotische Basiswerte handelt, sollte vorher prüfen, ob diese auch außerbörslich angeboten werden.
Grundsätzlich ist jedoch der außerbörsliche Handel in den meisten Fällen günstiger. Die in der Regel günstigeren Kosten in Verbindung mit der Live-Bestätigung des gehandelten Kurses sind vor allem im Trading-Geschäft von Vorteil. Aber nicht nur. So gehörten im Februar die großen Tech-Schwergewichte Nvidia, Super Micro, Tesla und Amazon zu den meistgehandelten Werten auf der Gettex-Plattform der Börse München.