Düsseldorf Das Hansekai ist ein beliebtes Restaurant in Hamburg, es liegt direkt am Wasser. Doch seit die 3G-Regel gilt (geimpft, genesen oder getestet) und inzwischen die 2G-Regel (geimpft oder genesen), bleiben viele Gäste weg. Der Umsatz des Hansekais ist um 70 Prozent eingebrochen. „Es gab sogar einen Abend, da kam kein einziger Gast“, erzählt Geschäftsführer Jan Matthiesen frustriert. Die Küche lässt er nur wegen des Liefergeschäfts offen.
Auch sämtliche Weihnachtsfeiern im Hansekai wurden gecancelt. Dafür hat Matthiesen zwar Verständnis: „Aber die Gastronomie lebt im Dezember vom Weihnachtsgeschäft“, sagt der Gastronom, der auch eine Eventlocation und ein Catering betreibt.
„Es muss so bald wie möglich einen ,Impfknall‘ oder gar die Impfpflicht geben“, fordert Matthiesen. Falls das nicht helfe, sollte man bundesweite vorübergehende Schließungen nicht ausschließen. „Das wäre sinnvoller als ein unrentables Geschäft mit 2G bis tief ins Jahr 2022 hinein“, so Matthiesen.
Die flächendeckende Einführung von 2G für die Gastronomie, die am Donnerstag von Bund und Ländern beschlossen wurde, galt de facto quick überall schon. Mit gravierenden Folgen: Die Einnahmen der Krisenbranche werden sich dadurch allein im Dezember zusätzlich um eine Milliarde Euro verringern, errechnete das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).
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Doch längst haben einige Länder 2G plus für die Gastronomie eingeführt, Genesene und Geimpfte brauchen zusätzlich tagesaktuelle Assessments für den Restaurantbesuch. In Niedersachsen gilt 2G plus für die Gastronomie seit Mittwoch – trotz vergleichsweise moderater Inzidenzen. Im Saarland wird 2G plus seit Donnerstag verlangt, in Rheinland-Pfalz ab Samstag. Und auch in Baden-Württemberg sollen nun ab Samstag nur noch Geimpfte und Genesene mit Assessments Eating places besuchen dürfen.
„Lockdown durch die Hintertür“
Die Branche läuft dagegen Sturm: „Mit 2G plus ist die Gefahr groß, dass Eating places und Lodges so geringe Umsätze tätigen, dass sich die Öffnung nicht mehr lohnt. Das wäre dann ein Lockdown durch die Hintertür“, warnt Dehoga-Präsident Guido Zöllick schon länger.
Die L’Osteria-Eating places in Hannover etwa dürfen seit Mittwoch nur noch Genesene und Geimpfte mit Negativtest einlassen. Mirko Silz, Chef der Pizza- und Pastakette mit europaweit 150 Filialen, ist empört und verzweifelt zugleich: „2G plus kommt einem Lockdown für die Branche gleich und ruft eine erneute wirtschaftliche Katastrophe für die Gastronomie hervor. Der Aufwand, vor dem Restaurantbesuch noch einen Take a look at machen zu müssen, ist vielen Geimpften und Genesenen zu hoch.“ In den von 2G plus betroffenen Regionen verzeichnet L’Osteria bereits jetzt erhebliche Umsatzrückgänge. Die Gäste seien verunsichert und träfen sich zu Hause statt im professionell belüfteten Restaurant.
L’Osteria klagt aktuell vor dem Verwaltungsgerichtshof München per Eilantrag gegen Ungleichbehandlungen. „Wie kann es beispielsweise sein, dass Betriebskantinen von Ungeimpften mit einem Take a look at besucht werden dürfen, während in der Gastronomie selbst Geimpfte einen Take a look at vorweisen müssen?“ Silz behält sich rechtliche Schritte in anderen Bundesländern vor.
Das Ausbleiben der Gäste verunsicherte laut Silz auch die Mitarbeitenden, die die Gastronomiebranche gerade erst wieder mühsam zurückgewinnen konnte. Laut Dehoga droht der Verlust von weiteren 100.000 Beschäftigten, die wegen Kurzarbeit abwandern.
Silz will die Eating places auch bei 2G plus so lange wie möglich offen lassen, um möglichst wenige Beschäftigte in Kurzarbeit zu schicken. „Das sind wir unseren Mitarbeitenden schuldig“, so der Unternehmer.
„Hilfen, die sich am Umsatz, nicht an den Fixkosten orientieren“
Auch der Veranstalter GOP Varieté, der seine Gäste mit einem Menü bewirtet, ist in Sorge. Das Familienunternehmen betreibt sieben feste Häuser, die je nach Bundesland bisher unter 3G, 2G oder 2G plus öffneten. Geschäftsführer Olaf Stegmann spürt eine steigende Verunsicherung der Gäste. Im Herbst conflict das Geschäft stark angelaufen. Seit zwei Wochen aber sind die Kartenverkäufe massiv eingebrochen. Zudem wurden viele Firmenfeiern storniert. Was ihm Sorgen bereitet: „Wir müssen auch spielen, wenn nur 90 statt 330 Gäste kommen“, so Stegmann. „Sobald die Auslastung unter 70 Prozent geht, wird es finanziell schwierig. Artisten, Köche und Servicepersonal müssen wir ja trotzdem bezahlen.“
„Die gesamte Gastro- und Veranstaltungsbranche benötigt dringend Wirtschaftshilfen, die sich am Umsatz der Vorjahre orientieren ähnlich wie die Dezemberhilfen 2020“, fordert Stegmann. „Überbrückungshilfen, die nur einen Anteil an den Fixkosten erstatten, würden uns wenig bringen.“ Denn die Künstlergagen und Personalkosten wären davon nicht abgedeckt.
Bisher hat die GOP-Gruppe mit quick 1000 Mitarbeitern die Pandemie glimpflich überstanden. „Aber nur, weil wir vorher intestine gewirtschaftet hatten“, so Stegmann. „Ein volles Jahr mussten wir mit marginalen Coronahilfen überstehen.“ Im März 2021 brachten siebenstellige November- und Dezemberhilfen endlich Erleichterung. Allerdings hatte das Familienunternehmen vorher auch selbst eine hohe siebenstellige Summe zugeschossen.
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