In Deutschland galten viele der Datenschutzbestimmungen bereits vor der DSGVO. Im Kern geht es darum, vor allem Verbraucher besser zu schützen.
(Foto: dpa)
Berlin Rechtliche Unsicherheiten sind für Deutschlands Betriebe das größte Drawback bei der stärkeren Nutzung von Daten. Das zeigt eine bundesweite Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) unter 4300 Unternehmen aller Größenklassen, die dem Handelsblatt vorliegt. Die Befragung wurde im Zeitraum vom 1. November bis 3. Dezember 2021 durchgeführt.
Demnach fühlen sich 57 Prozent der Unternehmen durch „datenschutzrechtliche Hemmnisse“ bei der Datennutzung behindert. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zufolge werden vor allem kleinere und mittlere Unternehmen überproportional stark belastet.
Hier seien vereinfachte Vorschriften oder Ausnahmeregelungen „dringend“ erforderlich, sagte Wansleben dem Handelsblatt. „Wir schlagen vor, Erleichterungen dann einzuführen, wenn die Verarbeitung der Daten nicht der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit darstellt“, sagte er.
Die Unsicherheiten bei der Datennutzung dürften auch eine große Rolle spielen, wenn die EU-Kommission an diesem Mittwoch ein neues Datengesetz („Knowledge Act“) vorlegt. Die EU-Behörde will mit dem Rechtsakt Einzelpersonen, Unternehmen oder öffentlichen Stellen einen Zugang zu nützlichen Daten ermöglichen.
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Geplant ist, Dateninhaber dazu zu verpflichten, auf Anforderung von Nutzern Daten zu teilen. Beschränkungen sollen für geheimhaltungspflichtige Informationen bestehen.
Dabei geht es vor allem darum, die Datennutzung von vernetzten Geräten zu regulieren. Es soll verhindert werden, dass Hersteller vernetzter Produkte, seien es Industrieanlagen, Autos, Sprachassistenten oder Smartwatches, die von den Nutzern erzeugten Daten horten und nicht mit anderen Unternehmen teilen.
Kritik an der DSGVO
Der DIHK unterstützt die Pläne der EU, gibt allerdings zugleich zu bedenken, dass Daten ein wichtiger Wettbewerbsvorteil vieler Unternehmen seien. „Der Austausch von Daten sollte daher grundsätzlich auf Freiwilligkeit beruhen“, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands zum Knowledge Act, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Damit Unternehmen in Zukunft mehr Daten teilen, benötigten sie zudem „rechtliche und technische Strukturen, die ihnen ausreichend Sicherheit geben“.
Kritisch sehen die Unternehmen nach wie vor die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die DSGVO bildet seit dem 25. Mai 2018 den gemeinsamen Datenschutzrahmen in der Europäischen Union. Wer sich als Unternehmen nicht daran hält, dem drohen hohe Bußgelder.
Sorgen und Befürchtungen löste die DSGVO vor allem bei kleineren Firmen aus. Aus Angst vor hohen Bußgeldern gehen gerade diese Betriebe lieber auf Nummer sicher – und übererfüllen die Regeln im Zweifel.
Unternehmen stünden beim Datenschutz unter permanentem Stress, konstatierte auch der Digitalverband Bitkom im September 2021.
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Laut einer damals veröffentlichten Umfrage des Verbands unter Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigen in Deutschland waren zwei Drittel (66 Prozent) der Betriebe der Auffassung, dass der strenge Datenschutz sowie die uneinheitliche Auslegung der Regeln die Digitalisierung erschwert.
Bitkom-Expertin Susanne Dehmel bemängelte seinerzeit, dass Unternehmen dem Datenschutz Genüge tun wollten, dazu aber nicht nur europaweit Gerichtsurteile verfolgen und die unterschiedliche Auslegung in den Mitgliedstaaten kennen müssten, sondern sich zusätzlich mit 18 verschiedenen Lesarten von Datenschutzaufsichten allein in Deutschland auseinandersetzen. „Das ist vor allem für kleinere Unternehmen immer schwerer zu stemmen“, sagte Dehmel.
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