Auf der Straße gestolpert, beim Obstschälen die Haut geritzt oder an der Tischkante gestoßen. Schürf- oder Schnittwunden sind schnell passiert.
Für jüngere Menschen ist das meist kein Drama. Je älter man jedoch wird, desto langsamer wird die Wundheilung. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Bei älteren Menschen dauert die Wundheilung in der Regel länger als bei jüngeren. Zudem besteht eine erhöhte Gefahr, dass Wunden chronisch werden. „Hier sollte man besonders gut hinschauen“, warnt Steffen Schirmer, Chefarzt der Abteilung für Plastische Chirurgie im Sankt-Marien-Krankenhaus Berlin und Leiter des Ressorts Versorgungskonzepte bei der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW). Um Folgeschäden zu vermeiden, sollten Betroffene daher frühzeitig einen Arzt aufsuchen.
Zellstruktur ändert sich im Alter
Schwierigkeiten bei der Wundheilung stehen oft im Zusammenhang mit dem biologischen Abbau. „Im Alter werden Zellaktivitäten und Stoffwechselvorgänge langsamer“, erklärt Schirmer. „Das heißt, dass sich geschädigte Zellen nicht mehr so gut regenerieren, Wunden heilen also langsamer.“
Die Ursache hierfür liegt in den Zellverbindungen und dem Bindegewebe, das an Elastizität verliert. „Man sieht es ja auch: Die Haut wird faltig“, so der Experte. Der Hautmantel im Alter sei daher deutlich anfälliger für Verletzungen oder Infektionen.
Herzschwäche kann die Wundheilung stören
Neben dem biologischen Abbau gibt es weitere Gründe, warum Wunden im Alter oft schlecht heilen. Ein besonderer Risikofaktor seien Herzkreislauferkrankungen, sagt Schirmer. „Leiden alte Menschen an Herzschwäche, ist der Blutkreislauf gestört und die Beine können anschwellen. Dort kann es dann Risse in der Haut geben, Bakterien können eindringen und Infektionen verursachen.“
Problematisch sei auch, dass Senioren oft Blutgerinnungshemmer einnehmen. Denn Bagatellverletzungen durch Stoßen oder Aufschürfen bluten in diesem Fall länger. Oft komme es auch zu Einblutungen unter der Haut in Form von dunkle Flecken, die ebenfalls zu Wunden führen können.
Wie versorgt man Wunden am besten?
Eine gute Wundversorgung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, dass Verletzungen gut ausheilen. „Am besten deckt man eine frische Wunde mit einer sterilen Kompresse oder einem Pflaster ab, man kann sie auch mit Kochsalzlösung oder Wundantiseptika reinigen“, rät Schirmer. Wenn es längerfristig blutet, sollte man in eine Notaufnahme gehen. „Dort kann die Blutung gestillt und die Wunde gegebenenfalls vernäht werden.“
Wenn eine Wunde zu Hause behandelt wird, muss sie beobachtet werden. „Denn wenn sie rot und warm wird und die Umgebung anschwillt, sind das Zeichen einer bakteriellen Entzündung“, sagt Schirmer. In diesem Fall sollte man umgehend einen Arzt aufsuchen.
Bei chronischen Wunden nach der Ursache suchen
Ist eine Wunde nach acht Wochen noch nicht verheilt, bezeichnet man sie als chronisch. Dann muss man als Arzt genauer hinschauen. Er muss klären, ob möglicherweise ein nicht erkannter Diabetes oder eine Durchblutungsstörung hinter dem Problem stecken. „Denn chronische Wunden treten vor allem bei Menschen mit einer chronischen Erkrankung auf“, so Schirmer. Allerdings könne es auch ein Hautkrebs sein, der dazu führe, dass eine Wunde nicht abheilt.
Wie Betroffene vorbeugen können
Gravierende chronische Wunden finden sich zum einen an den Füßen vieler Diabetiker und zum anderen als Druckgeschwüre bei bettlägerigen Patienten. „Um vorzubeugen, ist immer wieder wichtig, die Haut genau anzusehen“, sagt Schirmer. Dabei sollte man vor allem auf Veränderungen achten. Verdächtig seien Stellen, die sich nach längerem Gehen, Stehen oder Sitzen Rötungen zeigen.
„Das sind oft maximal belastete Hautareale, die auch schlechter durchblutet sind“, so der Experte. Diabetologen könnten mit Druckmessungen ebenfalls solche Stellen herausfinden. Diese sollten dann entlastet werden, beispielsweise durch spezielle Schuhe oder Sohlen, die gefährdete Stellen polstern oder sogar ganz vom Druck befreien.
Bei Diabetikern ist Hautpflege wichtig
Auch Hautpflege mit Cremes ist für Diabetiker wichtig, sagt Schirmer. „Die Haut darf nicht austrocknen, vor allem nicht an den Füßen. Hier kann zum Beispiel fachgerechte Pflege beim Podologen verordnet werden.“ Beim Diabetischen Fußsyndrom sind die Nerven geschädigt, unter anderem werden dadurch auch die Talg- und Schweißdrüsen funktionsunfähig und Schmerzen werden nicht mehr wahrgenommen.
Was die Wundheilung beschleunigt
„Bewegung und ein gesundes Herz-Kreislauf-System sind immer von Vorteil“, sagt Schirmer. Was noch wichtig sei: eine ausgewogene Ernährung. Viele alte Menschen seien minderernährt. „Sie essen zu wenig Eiweiße, die sie aber gerade für Zellregenerationsprozesse brauchen.“ Gerade bei chronischen Wunden werde auch über die Wundflüssigkeit Eiweiß verloren. Was viele nicht wissen: „Wer offene Wunden hat, verliert mehr Kalorien und Energie. Weil vielen Älteren aber der Appetit fehlt, kann man zum Beispiel eiweißreiche Drinks zu sich nehmen.“