Hätte die Bundesregierung an der Atomenergie festhalten sollen? Ja, sagt Markus Söder auf einem Podium in München. Sein Nebensitzer, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, kontert.
Eigentlich waren Robert Habeck (Grüne) und Markus Söder (CSU) auf die internationale Handwerksmesse gekommen, um über die Probleme und die Zukunft des deutschen Handwerks zu sprechen. Doch in Erinnerung dürfte vor allem der Schlagabtausch um den deutschen Ausstieg aus der Atomenergie bleiben, den sich der Bundeswirtschaftsminister und der bayerische Ministerpräsident lieferten.
Angesprochen auf die Energieversorgung in Deutschland sagte Söder: „Wir werden Atomenergie von woanders importieren, obwohl wir sie selbst laufen lassen könnten.“ Er habe nicht verstanden, wieso sich Deutschland entschieden hatte, mitten in der Energiekrise auszusteigen. Als grundlastfähige Energieform sei Kernenergie nötig, erklärte Söder und verwies darauf, dass Frankreich und Schweden an der Atomkraft weiter festhalten. Kernenergie, so Söder, sei eine Möglichkeit, die hohen Strompreise in Deutschland zu senken.
Dann setzte Habeck zum Konter an – und hielt Söder sein eigenes Wort vor: „Als wir in Fukushima den Entschluss gefasst haben, aus der Atomkraft auszusteigen, haben sie glaube ich mit Rücktritt gedroht, wenn das nicht sofort passiert“, sagte Habeck zu Söder. Der reagierte sichtbar gereizt und fragte: „Waren Sie dabei? Im bayerischen Kabinett?“
Mit seiner Anmerkung nahm Habeck Bezug auf eine Episode aus dem Jahr 2011: Damals, kurz nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima, war Söder bayerischer Umweltminister. Im Freistaat stritt sich die CSU mit ihrem Koalitionspartner FDP darum, für welches Jahr sie den Ausstieg aus der Kernenergie fordern sollte. Söder hatte damals mit „tiefgreifenden Konsequenzen“ für das Kabinett und auch für ihn „ganz persönlich“ gedroht, sollte die FDP nicht der CSU-Forderung nach einem Ausstieg bereits 2022 zustimmen.
Habeck: Anteil französischen Atomstroms „homöopathisch“
Habeck verwies außerdem darauf, dass Deutschland nur einen Bruchteil seines Strombedarfs mit französischem Atomstrom decke, der Anteil liege bei 0,5 Prozent. „Das ist alles homöopathisch“, so der Minister. Und weiter: „Wir produzieren das nicht selbst, weil der Strom günstiger ist als Gaskraftwerke, zum Beispiel in Bayern. Es ist also klug, dass wir im europäischen Binnenmarkt die günstigsten Energien nach Deutschland holen. Es ist aber nicht so, dass wir abhängig wären davon.“
Tatsächlich erzeugt Deutschland schon seit Jahren insgesamt mehr Strom, als es verbraucht, und exportiert überschüssigen Strom ins Ausland. Allerdings muss es, je nach Produktionskapazitäten und Verbrauchslage, auch regelmäßig Strom aus seinen Nachbarländern importieren.
Letzte Atomkraftwerke gingen im April vom Netz
Deutschland hat 2011 unter der Großen Koalition den Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 beschlossen. Im Zuge der Energiekrise durch den Ukrainekrieg und den Wegfall russischen Gases hatte die Bundesregierung die Laufzeit der verbliebenen drei Kraftwerke nochmals verlängert. Habecks Energieministerium war in der Sache federführend. Im April vergangenen Jahres gingen schließlich auch die letzten Atomkraftwerke vom Netz.
Söder selbst hatte auf dem Podium übrigens auch versöhnliche Worte für Habeck und lobte dessen Energiepolitik nach dem Wegfall der russischen Gaslieferungen: „Ich finde, das ist insgesamt gelungen. Das muss man einfach mal anerkennen.“