Das Entgelttransparenzgesetz soll helfen, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Was es kann und wie Sie es nutzen.
Das Wichtigste im Überblick
In Deutschland gilt eigentlich das Entgeltgleichheitsgebot. Das heißt, Arbeitgeber dürfen für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht deshalb weniger Lohn oder Gehalt zahlen, weil die oder der Angestellte ein bestimmtes Geschlecht hat.
Trotzdem geht das Einkommen von Frauen und Männern in der Realität selbst dann auseinander, wenn beide in gleichwertiger Position die gleiche Leistung und Qualifikation einbringen. 6 Prozent beträgt diese Lohnlücke, im Fachjargon bereinigter Gender-Pay-Gap genannt.
Abhilfe schaffen soll das sogenannte Entgelttransparenzgesetz. Es erlaubt bestimmten Arbeitnehmern, Auskunft darüber einzuholen, was ihre Kollegen verdienen. Wir erklären, wer diesen Auskunftsanspruch hat, wie Sie ihn nutzen und warum es rechtens sein kann, wenn ein Unternehmen keinen gleichen Lohn für gleiche Arbeit zahlt.
Was ist das Entgelttransparenzgesetz?
Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), mit vollem Namen „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“, soll Beschäftigte dabei unterstützen, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit besser durchzusetzen. In der Praxis hilft es damit vor allem Frauen. Es gilt seit dem 6. Januar 2018 und umfasst drei Bausteine:
- Einen individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftigte,
- die Aufforderung an Arbeitgeber, die Entgeltstrukturen im Betrieb zu prüfen,
- die Pflicht der Arbeitgeber, über den Stand der Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu berichten.
Das Gesetz soll ungerechtfertigte Einkommensunterschiede offenlegen, die unter anderem nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten sind. So soll das Gesetz auch helfen, die Lohnlücke zu schließen. Was damit hingegen nicht möglich ist: Auskunft über das individuelle Gehalt einzelner Kollegen zu erhalten (mehr dazu unten).
Gut zu wissen: Das Auskunftsrecht gilt auch für Selbstständige, die ihr Einkommen vorwiegend von einem Arbeitgeber beziehen. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht im Sommer 2020 ein Grundsatzurteil gefällt (8 AZR 145/19).
Für welche Unternehmen gilt der Auskunftsanspruch?
Der im Entgelttransparenzgesetz verankerte Auskunftsanspruch gilt für private und öffentliche Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten. Um von ihm Gebrauch machen zu können, müssen in Ihrem Betrieb mindestens sechs Angestellte des anderen Geschlechts in gleicher oder gleichwertiger Position arbeiten. Als gleichwertig gilt eine Tätigkeit dann, wenn sich die Beschäftigten bei Bedarf gegenseitig ersetzen können.
Diese sechs Leute bilden die Vergleichsgruppe, für die der Arbeitgeber dann das sogenannte Vergleichsgehalt ermitteln muss. Das heißt, Sie können daraus keine Rückschlüsse auf das Gehalt einzelner Kolleginnen oder Kollegen ziehen.
Im Gegenzug erfahren auch die Beschäftigten der Vergleichsgruppe nicht, was Sie verdienen. Als Messwert nutzt man den Median, einen Mittelwert, der nicht mit dem Durchschnitt zu verwechseln ist. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber erklären, nach welchen Kriterien und nach welchem Verfahren die Gehälter festgelegt sind.
Median: Während beim Durchschnitt alle Werte addiert und dann durch die Anzahl der Werte geteilt werden, geht man beim Median anders vor: Man reiht die Werte auf und teilt sie dann an der Stelle, an der es genau gleich viele Werte größer und kleiner gibt. Ein zentraler Vorteil des Median: Er ist robust gegen Werte, die sich stark von den anderen unterscheiden. Ein Rechenbeispiel: Wir haben die Zahlen 1, 5, 8, 20, 30 vorliegen. Der Median dieser Zahlen ist 8, der Durchschnitt hingegen 12,8.
Für welche Unternehmen gelten Prüfverfahren und Berichtspflicht?
Diese Bausteine des Entgelttransparenzgesetzes gelten für private und öffentliche Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Arbeiten Sie in einer solchen Firma, muss Ihr Arbeitgeber nicht nur den mittleren Wert der Bruttogehälter der Vergleichsgruppe mitteilen, sondern einen Bericht über die Gehaltsstruktur im gesamten Unternehmen abgeben.
Wie nutze ich den Auskunftsanspruch?
In dem Antrag müssen Sie auch angeben, auf welche Vergleichsgruppe Sie sich beziehen, was Sie selbst verdienen und in welcher Position Sie arbeiten.
Bis wann muss der Chef antworten?
In der Regel innerhalb von drei Monaten. Arbeitgeber, die an einen Tarifvertrag gebunden sind oder ihn anwenden, unterliegen hingegen keiner Frist. Sie dürfen außerdem einfach auf die Tarifregelung verweisen, um zu erklären, nach welchem Verfahren die Gehälter festgelegt wurden.
Und was mache ich mit der Auskunft?
Erst einmal nichts. Zumindest nicht nach dem Entgelttransparenzgesetz, denn darin geht es nur um Informationen. Finden Sie mit seiner Hilfe etwa heraus, dass das Einkommen der Vergleichsgruppe höher ist als Ihres, ergeben sich daraus keine rechtlichen Folgen. Ihr Arbeitgeber schuldet Ihnen also beispielsweise nicht die offengelegte Lohndifferenz.
Das liegt daran, dass es durchaus Gründe geben kann, die unterschiedlich hohe Gehälter trotz gleichwertiger Tätigkeit rechtfertigen. Etwa wenn Fachkräftemangel herrscht und der Arbeitgeber jemanden nur deshalb einstellen konnte, weil er sie oder ihn mit einem höheren Gehalt gelockt hat.