Im Interview mit der „Welt am Sonntag“ macht Rainer Haseloff die Ampel für die Stärke der AfD verantwortlich. Besonders in der Migrationspolitik müsse sich etwas ändern.
Rainer Haseloff ist bereits seit 13 Jahren Ministerpräsident Sachsen-Anhalts und konnte bei der letzten Landtagswahl 2021 etwa 37 Prozent der Stimmen gewinnen. Ein Erfolg für den CDU-Mann, denn damit hielt er die AfD in seinem Bundesland klein und gilt vielen Beobachtern bis heute mit seiner pragmatischen Politik als Rezept gegen Populismus von rechts außen.
Heute steht die AfD in Umfragen in Sachsen-Anhalt fast so gut da wie die CDU – trotz des beliebten Landesvaters. Über die Gründe für den Erfolg der AfD, Fehler der Ampel-Politik und eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik in Deutschland spricht Haseloff im Interview mit der „Welt am Sonntag“.
AfD-Erfolg aufgrund von Krisen und Ampel
Laut Haseloff ist der Erfolg der AfD zwangsläufig mit den derzeitigen globalen Krisen wie dem Krieg in der Ukraine oder Nahost verbunden. Solche Ereignisse würden Ängste befeuern, die besonders im Osten Deutschlands stärker ausgeprägt seien als im Westen. Zudem hänge die Stärke der AfD – besonders in Ostdeutschland – auch mit einer wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen alten und neuen Bundesländern zusammen.
Auch die Politik der Ampel erzeuge bei Menschen „starke Abstiegsängste und ein Führungs- und Hilfslosigkeit. Davon profitieren populistische und rechtsextremistische Kräfte, die das Blaue vom Himmel versprechen“, so Haseloff.
Angesprochen darauf, ob auch die Union einen Anteil an dem Zulauf der AfD habe, entgegnet Haseloff: „Ich bin Physiker, ich schaue mir Zahlen an. Seit Russland die Ukraine überfallen hat und die Folgen dieses Kriegs für uns immer spürbarer werden, sinkt die Zustimmung für die Politik der Ampel-Koalition, während die AfD in Wahlumfragen zulegt“. Zusätzlich würden nur noch 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung daran glauben, dass die Politik die aktuellen Herausforderungen meistern könne. Dies sei „so gering wie nie zuvor“, so Haseloff.
Im Interview mit der „Welt am Sonntag“ beklagt Haseloff zudem die Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland. Besonders die Diskussion über die Einführung der Bezahlkarte in der Ampel-Koalition sorgt bei dem Ministerpräsidenten für Unverständnis.
„Dabei war das [Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber] bereits entschieden. Wir haben einen Beschluss der 16 Bundesländer mit der Bundesregierung, vertreten durch den Kanzler persönlich. Solche Irritationen stärken die Fliehkräfte“. Von einem Alleingang bei der Einführung der Bezahlkarte sehe Haseloff jedoch ab, außer „es bleibe nichts anderes übrig, als im Alleingang vorzugehen“.
Haseloff sieht die Bundesregierung in der Pflicht, beim Thema der Bezahlkarte durch Bundesgesetzgebung Rechtssicherheit zu schaffen, damit Gerichte Regelungen der Länder nicht aufheben würden. „Der Bund muss handeln, alles andere wird uns nicht helfen“, so Haseloff.
Kretschmann versus „Bundesgrüne“
Im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ beklagt der Landesvater Sachsen-Anhalts auch die divergierenden Positionen innerhalb der Grünen – besonders zwischen Ministerpräsident Baden-Württemberg Winfried Kretschmann und den „Bundesgrünen“. Demnach positioniere sich Kretschmann beim Thema Bezahlkarte ähnlich wie Haseloff selbst, anders als die Grünen in der Bundesregierung. „Wenn ich schon die europäischen Außengrenzen nicht dich kriege, wenn an den Binnengrenzen nur unvollkommen geprüft wird, dann müssen doch wenigstens die rechtlichen Vorgaben aus Berlin so gestaltet sein, dass wir die Bezahlkarte wasserdicht hinbekommen“, so Haseloff.
Versöhnlicher klingt Haseloff beim Thema der Subventionen in seinem Bundesland – besonders der Ansiedlung des US-amerikanischen Chipherstellers Intel. „Hinsichtlich Intel bin ich der Bundesregierung und dem Bundeskanzler übrigens sehr dankbar, dass sie Wort gehalten haben und das Vorhaben massiv fördern“.