In der Grenzregion zu Finnland setzt Russland Migranten als Druckmittel ein, um den Zusammenhalt der EU zu schwächen. Finnland reagiert mit Gegenmaßnahmen.
Seit April 2023 ist Finnland Teil der Nato und hat damit seine jahrzehntelange Neutralität aufgegeben. Seitdem sind die Spannungen zum russischen Nachbarn gestiegen. Neben der Aufkündigung eines bilateralen Grenzabkommens kündigte Russlands Präsident Wladimir Putin zusätzlich die Verlegung von Truppen in die Grenzregion zu Finnland an. Dies belegt auch der diesjährige Jahresbericht der estnischen Regierung, aus dem hervorgeht, dass Russland plant, neue Einheiten nahe der finnischen Grenze zu stationieren.
Finnland hat auf die russischen Maßnahmen mit dem Bau eines bis zu 200 Kilometer langen Grenzzauns reagiert – nicht zuletzt, um der mutmaßlich von Russland gesteuerten irregulären Migration an der Grenzregion zu begegnen. Darüber berichtet die „Frankfurter Rundschau“.
Wie die finnische Innenministerin Mari Rantanen am Dienstag auf einer Pressekonferenz mitteilte, liegen der finnischen Regierung Informationen vor, nach denen „Tausende von Menschen auf der russischen Seite darauf warten, nach Finnland zu gelangen“. Laut Rantanen ist davon auszugehen, dass noch mehr Migranten probieren würden, die Grenze zu überqueren, sobald die Temperaturen im Frühjahr steigen.
Um den mutmaßlichen russischen Maßnahmen adäquat begegnen zu können, kündigte Rantanen an, Gesetze anzupassen. So soll der Grenzschutz effektiv gewährleistet werden. Diese Gesetzesänderungen würden dazu beitragen, „die Sicherheit an den Grenzen zu stärken und jegliche Versuche wirksam zu bekämpfen, Finnland in Form von instrumentalisierter Migration unter Druck zu setzen“, so Rantanens Innenministerium in einer Mitteilung vom Montag.
Momentan ist die finnische Grenze zu Russland geschlossen. Dies soll sich nach der konservativen finnischen Regierung bis Mai dieses Jahres auch nicht ändern, nachdem die Zahl von Migranten an der Grenze Ende 2023 rasant gestiegen war. Nach Angaben der finnischen Grenzbehörde hatten zwischen August und Dezember 2023 etwa 1.300 Migranten aus Ländern wie dem Jemen, Somalia oder Syrien versucht, über Russland nach Finnland zu gelangen. Zuvor bewarb sich im Schnitt nur ein Asylbewerber pro Tag.
Grenzkonflikt weckt böse Erinnerungen
Russlands Strategie, gesteuerte Migration als Druckmittel zu nutzen und so den Zusammenhalt westlicher Staaten zu unterminieren, ist laut Armida van Rij von der Denkfabrik Chatham House eine sogenannte Grauzonen-Taktik. Bei einer solchen Taktik handle es sich um Maßnahmen, die über rein politischen Druck hinausgingen, aber auch nicht eindeutig einen Akt der Aggression darstellten. Daher sind solche Maßnahmen völkerrechtlich schwer zu bewerten.
Vor allem das Thema Migration eigne sich, um EU-Mitgliedstaaten zu spalten, da das Thema innerhalb der Union besonders polarisiere. Van Rij zufolge werden Migranten „wie Spielfiguren“ eingesetzt, um russische Interessen zu durchzusetzen.
Bereits zwischen 2021 und 2022 setzte der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko Migranten gezielt in der Grenzregion zu Polen ein, um die EU unter Druck zu setzen und eine Beendigung der Sanktionen gegen Belarus zu erzwingen – ohne Erfolg.
Diesmal scheint die EU besser auf derartige Maßnahmen vorbereitet zu sein. Laut van Rij hat die EU bereits begonnen, Personal, Ausrüstung und finanzielle Unterstützung an Finnland zu liefern, um die Folgen der russischen Maßnahmen zu begrenzen. Ebenso biete Finnland der finnischen Bevölkerung staatliche Bildungsprogramme an, um das russische Vorgehen verständlicher zu machen und Fake News vorzubeugen.