Berlin, New York US-Präsident Joe Biden reagiert auf die anhaltende Ukrainekrise und entsendet Truppen nach Europa: Er will rund 2000 Soldaten aus den USA nach Deutschland und Polen schicken. Aus Deutschland sollen wiederum 1000 US-Soldaten nach Rumänien verlegt werden.
Pentagon-Sprecher John Kirby sprach am Mittwoch von einem „unmissverständlichen Sign“ an die Welt, dass die USA nun Tausende Soldaten zusätzlich an die Nato-Ostgrenze verlagere. Damit zeigten die USA, dass sie zu ihren Verbündeten stünden. Falls nötig, könne es in Zukunft auch weitere Truppenbewegungen geben.
Jegliches Vorgehen gegen einen Nato-Staat würde die Beistandspflicht des Verteidigungsbündnisses auslösen, betonte Kirby. „Wir stellen klar, dass wir bereit sein werden, unsere Nato-Verbündeten zu verteidigen, falls es dazu kommen sollte. Hoffentlich wird es nicht dazu kommen“, sagte Kirby. Der Sprecher fügte hinzu, der Aufmarsch russischer Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze gehe derzeit unverändert weiter, „sogar in den vergangenen 24 Stunden“.
Der US-Präsident und andere Mitglieder der Regierung haben jedoch mehrfach klargestellt, dass keine US-Soldaten zu Kampfzwecken in die Ukraine geschickt werden. Aber die Einsatzkräfte könnten die Bündnisstaaten bei der Logistik, der medizinischen Versorgung und bei Drohnenüberwachungsflügen unterstützen, heißt es aus dem Pentagon.
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Die Truppenverlegungen würden in den nächsten Tagen erwartet, sagte Kirby. Es handele sich nicht um dauerhafte Verlegungen.
Russland kritisierte die angekündigte Verlegung als „destruktiven Schritt“. Damit nähmen die militärischen Spannungen zu, warnte Vize-Außenminister Alexander Gruschko am Mittwochabend in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Der Spielraum für politische Entscheidungen werde verengt, „zur Freude der Behörden in Kiew“.
Bisher droht die US-Regierung vor allem mit massiven wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland. Diese würden auch die Nord-Stream-2-Pipeline betreffen. Noch in dieser Woche könnte dazu im Kongress eine Entscheidung fallen, von der dann auch Deutschland betroffen wäre.
Die Beziehungen zwischen Berlin und Washington waren zuletzt vor allem wegen der zögerlichen deutschen Haltung zur Ukrainekrise extrem angespannt. Die Amerikaner sehen vor allem die Ostseepipeline und Deutschlands Abhängigkeit von russischem Fuel kritisch. Vor diesem Hintergrund wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 7. Februar im Weißen Haus erwartet.
Moskau hat Forderungskatalog an die Nato und USA gerichtet
In Europa sind regulär auch außerhalb von Krisenzeiten Zehntausende US-Soldaten stationiert, darunter rund 35.000 in Deutschland, etwa 4000 in Polen und 900 in Rumänien.
Russland will die Nato derzeit dazu bringen, eine weitere Osterweiterung und insbesondere eine Aufnahme der Ukraine auszuschließen. Zudem verlangt es einen Rückzug von Nato-Truppen aus östlichen Bündnisstaaten. Moskau hat einen entsprechenden Forderungskatalog an die Nato und die USA gerichtet. Beide lehnen diese Forderungen ab, haben aber schriftlich einen Dialog angeboten.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte noch am Vorabend eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und ein Vorrücken des westlichen Bündnisses mit scharfen Worten abgelehnt: „Sollen wir dann mit der Nato Krieg führen?“, fragte Putin im Kreml nach einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Die Ukraine, so behauptete Putin, wolle mit Unterstützung der Nato die Krim zurückerobern. Die Schwarzmeer-Halbinsel battle 2014 von Russland annektiert worden.
„Dies ist souveränes russisches Territorium, die Angelegenheit ist für uns abgeschlossen“, betonte Putin und fügte hinzu, dass Russland im Falle einer solchen Operation in einen Krieg mit der Nato eintreten müsste, woran niemand gedacht habe. Ohnehin habe „der Westen Russland betrogen“.
Moskau sei beim Zusammenbruch des Ostblocks versprochen worden, dass „die Nato keinen Zentimeter an uns heranrückt“. Westliche Verhandlungskreise der 1990er-Jahre bestreiten eine solche Zusage aber bis heute.
Polens Regierung drängt bereits seit Monaten in Washington darauf, dass die USA ihre Truppen im größten osteuropäischen EU-Mitgliedsstaat erhöhen. Bisher gibt es weder in Polen noch im Baltikum dauerhaft stationierte Nato-Truppen, sondern nur bis zu jeweils 1000 Soldaten aus alliierten Ländern, die aber regelmäßig ausgetauscht werden. Die Bundeswehr hat dabei die Führungsrolle in Litauen.
Parallel zu den US-Truppenverlegungen nach Polen baut die polnische Regierung zusammen mit Großbritannien eine neue trilaterale Allianz auf. „Wir schaffen ein neues Format der politischen Zusammenarbeit in Europa zwischen der Ukraine, Großbritannien und Polen“, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski dazu.
Der Außenminister der Ukraine, Dmytro Kuleba, betonte auf Twitter, dass das neue Bündnis für sein Land von großer Bedeutung sei: „Wir können nicht darauf warten, dass Sicherheit und Wohlstand irgendwo in der Zukunft liegen, wenn wir Mitglied der EU und der Nato werden. Wir brauchen sie heute.“ Während Russland vom Westen eine Garantie will, dass die Ukraine niemals Nato-Mitglied wird, betonen alle Nato-Staaten, diese Frage stelle sich derzeit nicht.
Mehr: Putin warnt vor Kriegsgefahr bei Nato-Mitgliedschaft der Ukraine