New York Trotz Pandemie, Lieferketten-Probleme und hoher Inflation schauen die deutschen Unternehmen optimistisch auf den amerikanischen Markt. Das geht aus der jüngsten Umfrage der deutsch-amerikanischen Handelskammern und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hervor. 87 Prozent der Unternehmen planen in diesem Jahr weitere Investitionen in den USA und zwei Drittel wollen mehr Mitarbeiter einstellen.
Damit ist die Stimmung unter den deutschen Unternehmen so intestine wie lange nicht mehr. Das liegt an der immer noch robusten Wirtschaft, den kauffreudigen Amerikanern und der neuen Politik in Washington. Die meisten befragten Unternehmen rechnen damit, dass ihr eigener Umsatz sogar stärker steigt als das erwartete Wirtschaftswachstum von drei Prozent.
„Wir sehen derzeit, dass das Pendel von China Richtung USA schwingt“, sagt Andreas Glunz, zuständig für das internationale Geschäft von KPMG, die ähnliche Umfragen auch bei deutschen Unternehmen in China durchführt.
Während sich die Deutschen in China mehr Sorgen über Regulierung und Staatseingriffe machten, sähen sie in den USA Lockerungen bei den Handelsbeschränkungen und neue Chancen wie etwa im Bereich des Umweltschutz und Klimawende, erklärt Glunz. Zudem seien die Gewinnmargen in den USA auch deutlich höher als in China.
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Nach der jüngsten Studie erwarten 93 Prozent der deutschen Unternehmen für das laufende Jahr weiter wachsende Umsätze – mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. 88 Prozent rechnen auch mit steigenden Gewinnen für 2022.
Der Optimismus ist größer als in Deutschland
„Die Ergebnisse sind überraschend positiv“, meint Glunz. Schließlich seien auch in den USA die Rohstoffpreise und die Inflation insgesamt stark gestiegen. Dennoch könnten sich die Unternehmen sehr intestine behaupten. „Das heißt, dass die deutschen Firmen erfolgreich waren, sich zu restrukturieren und zu digitalisieren“.
„Wir machen diese Umfragen jetzt seit vielen Jahren. Aber ich kann mich nicht an eine so gute Stimmung erinnern“, sagt auch der Geschäftsführer der deutsch-amerikanischen Handelskammer in New York, Dietmar Rieg.
„Der Optimismus hier ist viel größer als in Deutschland“, beobachtet auch Andreas Fibig, CEO des Duft- und Aroma-Konzerns IFF und Vorstandsmitglied der New Yorker Kammer. Er sieht auch eine klare Verbesserung zu den Vorjahren und führt das unter anderem auf die besseren transatlantischen Beziehungen zurück. „Das Damoklesschwert zusätzlicher Strafzölle hängt nicht mehr über uns“, sagt Fibig.
Eine überwältigende Mehrheit der deutschen Unternehmen will in diesem Jahr in den USA investieren, ein Fünftel sogar mehr als zehn Millionen Greenback. Dabei geht es oft darum, die Produktion stärker in den USA anzusiedeln – auch um die Probleme mit den Lieferketten anzugehen.
Arbeitskräftemangel: Boni für Fabrikarbeiter und weniger Nachtschichten
Als größtes Drawback nennen die Unternehmen den Arbeitskräftemangel. Drei von vier der Befragten bezeichnen den Arbeitskräftemangel als eine der High drei Herausforderungen. Im Vorjahr hatten dies nur 45 Prozent der befragten Unternehmen beklagt. Grund dafür ist auch die „große Resignation“: In den USA kündigen derzeit mehr als vier Millionen Menschen monatlich ihren Job. Viele kommen vielleicht nie mehr zurück.
„Wir zahlen heute Boni für Fabrikarbeiter, die bei uns unterschreiben. Das ist vorher noch nie passiert“, berichtet Crispin Teufel, der CEO der Linde-Tochter Lincare. Außerdem bilde Lincare die eigenen Angestellten noch mehr weiter.
Auch bei den Arbeitsbedingungen werden deutsche Unternehmen in den USA kreativ: „Unsere Belegschaft in der Fabrik will nicht mehr nachts arbeiten. Deshalb haben wir uns hingesetzt und arbeiten nun an Möglichkeiten, die Nachtschichten zu reduzieren“, nennt Bonnie Tully, die US-Chefin des Spezialchemie-Herstellers Evonik ein Beispiel. „Wir müssen flexibel sein, wenn wir die Menschen halten wollen“.
Evonik setzt auch seit der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten und den folgenden Black-Lives-Matter-Protesten stärker auf Diversität. „Wir haben heute Fokusgruppen für schwarze Angestellte, für Frauen, für Veteranen“, erklärt Tully. „Das wird sehr intestine angenommen und uns conflict vorher gar nicht klar, dass es diesen Bedarf gab“.
Diese Erfahrung hat auch Jan Heck, der US-Chef des Haushaltsgeräte-Herstellers Miele gemacht: „Es ist wichtig, inklusiv zu sein, wenn man Talente anziehen und halten will“.
Cyber-Attacken sind an der Tagesordnung
Auf die Frage, wo am meisten zu tun ist, nennen die deutschen Unternehmen nach der geringeren Abhängigkeit Lieferketten gleich an zweiter Stelle die Cybersecurity. „Wir haben quick jeden Tag Attacken, und das Arbeiten von zuhause hat noch mehr Einfallstore geschaffen“, berichtet Fibig. Die Computersicherheit sei ein fester Bestandteil der Arbeit heute. Auch der Lincare-US-Chef Teufel sieht viele Angriffe. „Der gesamte Gesundheitsbereich ist wegen der Patientendaten stark unter Beschuss“, beobachtet er.
Der KPMG-Companion Glunz ist überzeugt, dass nur ein Zehntel der Attacken bekannt wird. Das größte Risiko sieht er in den Angriffen auf ganze Produktionssysteme. „Die sind oft am wenigsten geschützt und am einfachsten zu hacken“, erklärt er. Da könnten Cyber-Kriminelle mal eben die Mischverhältnisse ändern und ganze Anlagen sabotieren.
Mehr: „Es wird eine Welle von Übernahmen geben“ – Worauf deutsche Unternehmen in den USA jetzt achten müssen