Das Verteidigungsministerium will einen Verteidigungsplan für Deutschland aufstellen. Nun wurden neue Details aus dem geheimen Dokument bekannt.
Erstmals seit dem Kalten Krieg will Deutschland wieder einen konkreten Verteidigungsplan aufstellen. Konkret gemeint ist damit der Operationsplan Deutschland (Oplan): Er legt fest, wie Deutschland künftig im Spannungs- oder Verteidigungsfall vorgehen soll – etwa bei einem möglichen Angriff Russlands auf die Nato. „Es gilt, sich auf die aktuellen Bedrohungen in Frieden, Krise und letztendlich auch im Krieg einzustellen“, heißt es in einer Mitteilung der Bundeswehr zum Oplan.
Bis Ende März soll das in den Details streng geheime und Hunderte Seiten umfassende Dokument fertig sein. Einen Einblick haben bislang nur einige Offiziere, Polizeibehörden, Bevölkerungsschützer, das Technische Hilfswerk (THW), wenige Wissenschaftler und Experten aus der Energie- und Logistikbranche. Die „Bild“ will nun jedoch einige wenige Details aus dem Dokument erfahren haben. Auch die Deutsche Presse-Agentur berichtete über einige.
Deutschland als Umschlagplatz für Panzer
Demnach gehen die Experten, die mit dem Plan vertraut sind, nicht davon aus, dass Deutschland direkt an eine Kriegsfront grenzen würde. Stattdessen werde es als Transitland dienen. Das bedeutet, es würde als Umschlagplatz für Panzer und Raketen dienen, die an die Front geliefert werden müssten. Dafür würden laut dem Plan Transportachsen eingerichtet werden, also bestimmte Autobahnen oder Zugstrecken, die dann für den Zivilverkehr gesperrt würden. Soldaten sollen den Transport dort sowie an Bahnhöfen und Häfen schützen.
Als größte Bedrohung für Deutschland würden die Experten zunächst Cyberangriffe, Desinformationskampagnen sowie Sabotagen etwa am Schienennetz sehen.
Wie es unter Berufung auf das Geheimdokument heißt, ist zudem vorgesehen, dass der Staat Verträge mit Firmen abschließt, um die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln bei der Bundeswehr sicherzustellen. Generell sei in dem Dokument geregelt, dass Unternehmen die Bundeswehr etwa mit der Versorgung von Benzin unterstützen.
Bürger sollen Schutzräume bauen und Freiwilligendienst leisten
Doch auch Privatleute sind in den Oplan der Bundeswehr involviert. Dem Bericht zufolge sollen bis zu sechs Regimenter aus Freiwilligen gegründet werden, die etwa dem Schutz von Kraftwerken und sensibler Infrastruktur dienen. Bürger müssten sich also freiwillig zum Dienst melden.
Außerdem sollen die Bürger in Deutschland dem Bericht zufolge selbst Schutzräume einrichten, etwa in Garagen oder Kellern. „Schutzräume in der verbleibenden Zeit zu bauen, ist nicht mehr machbar und auch nicht zielführend“, zitiert die „Bild“ Bevölkerungsschutz-Chef Ralph Tiesler in diesem Zusammenhang.
In Deutschland gibt es derzeit 579 öffentliche Luftschutzräume. Diese müssten jedoch saniert werden, bevor sie einsatzfähig sind, berichtete der Bayerische Rundfunk im Herbst vergangenen Jahres unter Berufung auf die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Demnach werte das Bundesinnenministerium derzeit den Bericht der Behörde aus, um sich einen Überblick über den Sanierungsbedarf der Bunker zu verschaffen.
Zweifel an dem Plan
Mit dem Verteidigungsplan will Deutschland der gestiegenen Bedrohungslage innerhalb Europas Rechnung tragen. „Das soll ein Plan sein, der ausführbar und durchführbar ist, also nicht ein Hirngespinst, ein Gedankenkonzept, sondern tatsächlich etwas Handfestes, was am Ende auch funktionieren kann“, so der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, Generalleutnant André Bodemann.
Experten allerdings zweifeln schon jetzt an dem Konzept. „Ich halte es für völlig unrealistisch, bis März so einen Plan in endgültiger Form haben zu wollen“, sagt etwa Militärexperte Burkhard Meißner vom German Institute for Defence and Strategic Studies im Gespräch mit t-online. Grundsätzlich sei es laut Meißner zwar nicht falsch, angesichts einer gewachsenen Bedrohungslage durch Russland einen solchen Plan aufzustellen. Doch er sieht konkrete Hürden. Welche das sind, lesen Sie hier.