Washington Wer Sorgen um die mentale Health des US-Präsidenten hatte, der wurde am Mittwoch zumindest in diesem Punkt beruhigt: Volle zwei Stunden stellte sich Joe Biden ohne große Aussetzer den Fragen des Press Corps des Weißen Hauses. Doch insgesamt glich die erste Pressekonferenz im Neuen Jahr eher einer Verteidigung.
Ein Jahr nach seinem Antritt steht der Präsident geschwächt da und die Zwischenwahlen – die so genannten Midterms – bereiten vielen Demokraten Kopfzerbrechen. Im November wird über sämtliche 435 Sitze im Abgeordnetenhaus und über 34 von 100 Sitzen im Senat neu abgestimmt und in den Umfragen sieht es bisher nicht intestine aus für Joe Biden.
Nachdem er im ersten Jahr ein 1,2 Billionen schweres Infrastruktur-Paket durchgebracht hat, stößt er mit seinen anderen Plänen auf Widerstand. Statt die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, hat derzeit Omikron die USA im Griff. Und in der Ukraine testet gerade Wladimir Putin aus, wie weit er bei Biden gehen kann.
Umso stärker versuchte der US-Präsident in der Pressekonferenz am amerikanischen Nachmittag seine Leistungen hervorzuheben und seine Misserfolge zu minimieren oder anderen zuzuschieben. Die Inflation – ein wichtiges Wahlkampfthema für die Republikaner – erkannte er zwar als Drawback für die amerikanischen Bürger an. Aber die Verantwortung dafür gab er geschickt an die Fed ab. Ein klares Zeichen, dass er Zinserhöhungen begrüßen würde.
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Auch die Tatsache, dass seine Regierung das ambitionierte Billionen-schwere Construct Again Higher-Gesetzespaket nicht durchgebracht hat, schob er nicht nur auf die Gegenstimme aus den eigenen Reihen, sondern auf die mangelnde Kooperation der Republikaner. Er habe es noch nie erlebt, dass ein abgewählter Politiker – damit warfare Trump gemeint – so viel Einfluss ausübe, dass kein einziger Republikaner für ihn gestimmt habe. Dabei hätten ihm fünf Republikaner im persönlichen Gespräch ihre Zustimmung erklärt. Sie fürchteten jedoch um ihre Wiederwahl, wenn sie für ein Gesetz von Biden stimmten.
Gesetzespaket für Klima, Gesundheit und Familienhilfen
Immerhin hat Biden für diesen Misserfolg eine Lösung in Aussicht gestellt. Er will das Gesetzespaket in Teilbereiche aufspalten: Klima, Gesundheit und Hilfen für Familien. So sollen zumindest Teile seiner Pläne verwirklicht werden. Dieser Ansatz gilt als erfolgversprechend, weil einzelne Bereiche des Mega-Pakets durchaus Zustimmung ernten.
Was seine Place zu Russland und der Ukraine anging, drohte Biden erneut mit harten Konsequenzen, stellte aber gleichzeitig eine gewisse Verhandlungsbereitschaft in Aussicht. „Putin hat noch nie solche Sanktionen erlebt“ mahnte er. Gleichzeitig stellte er klar, dass die Drohungen des Landes keine leeren seien: „Große Nationen können nicht bluffen“. Was die Abhängigkeit der Europäer vom russischen Fuel betreffe, stehe dem auch die Abhängigkeit der Russen von den Einnahmen aus den Gasverkäufen gegenüber.
Eine gewisse Verhandlungsbereitschaft zeigte Biden bei zwei Punkten von Putin: Zur Forderung, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten dürfe, lasse er sich zwar nichts vorschreiben, sagte Biden. Aber er stellte klar, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukraine in den nächsten Jahren der Nato beitrete, „nicht sehr hoch“ sei. Über die Forderung, keine strategischen Waffen in der Ukraine zu stationieren, könne man diskutieren. In Rumänien oder Polen dagegen werde man die Truppen belassen und vielleicht sogar noch aufstocken, wenn Putin die Ukraine angreife.
Bei der Covid-Bekämpfung räumte Biden Versäumnisse ein und setzt weiter auf Impfungen und neue Medizin gegen die Krankheit. Bei dem heiklen Thema Immigration schob Biden wiederum die Schuld auf die Republikaner, die ihn nicht unterstützt hätten. Wenn sein Gesetzentwurf durchgegangen wäre, „dann würden wir uns heute in einer besseren Lage befinden“, sagte er.
Midterms werden entscheidend sein
Aber so funktioniert Demokratie nun einmal. Und das weiß auch der langjährige Politiker Joe Biden. Die Opposition versucht der Regierungspartei zu schaden. Das geschieht nicht immer aus Vernunft, sondern weil Wahlen bevorstehen. Die Republikaner seien derzeit vor allem gegen seine Regierung, hätten dabei aber keine eigenen Ideen. „Wofür seid Ihr?“ fragt er, „nennt mir eine Sache, wofür Ihr seid!“
Biden machte klar, dass er im Wahlkampf stärker nach Außen hin präsent sein will, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und die demokratischen Kandidaten zu unterstützen.
Bei den Midterms zählt dann, was die Demokraten aus den kommenden Monaten machen werden. Der Republikaner Mitch McConnell bezeichnete die Wahlen jüngst als Zeugnis für Biden. Die dazugehörigen Noten hingen von den Themen Inflation, Grenzsicherung und davon ab, ob er Putin in seine Schranken weise.
Auf die Frage, was er zu den schlechten Umfragen sagt, hat Biden ein knappe Antwort parat: „Ich glaube nicht an Umfragen.“
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