Berlin Die Bundesnetzagentur hat sich in den vergangenen Jahren zur Verbraucherzentrale gewandelt. Startete sie 1996 als Regulierungsbehörde für den Markt für Put up und Telekommunikation, so reguliert sie heute auch den Strommarkt sowie den Eisenbahnsektor – und kümmert sich dabei nicht mehr nur um den Wettbewerb, sondern auch um die Sorgen der Verbraucher.
Nun dürfte sich dieser Development verstärken: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schlägt Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) als neuen Präsidenten der Netzagentur vor. Entsprechende Informationen des Handelsblatts aus Regierungskreisen bestätigte der Vorsitzende des Beirats der Bundesbehörde, der niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies (SPD).
Der 50-jährige Müller folgt auf Jochen Homann, der in den Ruhestand geht. Der Präsident der Bundesnetzagentur wird auf Vorschlag des Beirates von der Bundesregierung ernannt. In den Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP hatten sich die Grünen das Vorschlagsrecht für den Posten gesichert.
Homann hört Ende Februar auf, weil er nach zehn Jahren nicht noch einmal antreten darf und zudem die Altersgrenze erreicht hat. Auch der Vizepräsident Peter Franke verlässt im Februar die Netzagentur. Das Vorschlagsrecht für die Nachfolge hat die SPD. In zwei Jahren scheidet der zweite Vizepräsident, Wilhelm Eschweiler, aus. Einen Nachfolger darf dann die FDP vorschlagen.
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Müller leitete acht Jahre die NRW-Verbraucherzentrale, bevor er 2014 Vorstand des VZBV wurde. Vor seiner Zeit als Verbraucherschützer conflict der studierte Wirtschaftswissenschaftler für die Grünen in der Politik tätig: von 2000 bis 2005 als Umweltminister in Schleswig-Holstein, von 1998 bis 2000 als Bundestagsabgeordneter.
Inhaltliche Zuständigkeiten geändert
Als Verbraucherschützer hatte Müller jüngst den von Wohnungs- und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) geplanten einmaligen Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger in Höhe von mindestens 135 Euro als zu niedrig kritisiert, um die gestiegenen Energiekosten auszugleichen. Er bezeichnete „mindestens 500 Euro professional Haushalt“ als angemessen.
Die Bundesnetzagentur liegt als Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums. Ihr Beirat setzt sich aus 16 Mitgliedern des Bundestages und 16 Vertretern des Bundesrates zusammen.
Nach Amtsantritt der neuen Bundesregierung wurden die inhaltlichen Zuständigkeiten für die Behörde geändert. Die Aufsicht über die Netzagentur teilen sich der Verkehrs- und der Wirtschaftsminister. Volker Wissing (FDP) ist für den Telekommunikations- sowie den Bahnsektor zuständig, Habeck für den Energiesektor und die Put up.
Die Bundesnetzagentur reguliert den Infrastrukturausbau der Netze und den Wettbewerb der Netzbetreiber. In der aktuellen Debatte um die umstrittene Ostsee-Pipeline kommt der Behörde eine besondere Bedeutung zu. Die Pipeline, die von Russland nach Deutschland führt, ist zwar nach Angaben des russischen Energieriesens Gazprom startklar. Sie ist allerdings noch nicht in Betrieb. Eine Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur steht noch aus.
Die Bundesnetzagentur hatte das Zertifizierungsverfahren im November unterbrochen und Auflagen erteilt, die Nord Stream 2 erfüllen will. Erst danach kann das Verfahren fortgesetzt werden. Danach bleiben der Bonner Behörde noch knapp zwei Monate für das Verfahren. Anschließend hat die EU-Kommission bis zu vier Monate für eine Stellungnahme. Danach hat nochmals die Bundesnetzagentur zwei Monate Zeit für eine etwaige Zertifizierung.
Die Netzagentur ist auch als Verbraucherschutzbehörde aktiv und bearbeitet in dieser Funktion viele Fragen des Verbraucherschutzes, etwa in den Bereichen Telekommunikation, Digitales, Put up, Elektrizität und Gasoline. Aktuell geht die Behörde dem Verdacht nach, dass Billiganbieter Gas und Strom gewinnbringend an Großhändler verkauft haben, anstatt ihre eigenen Endkunden zu beliefern.
Mehr Befugnisse gegen ungebetene Werbeanrufe
Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz erhielt die Schlichtungsstelle der Netzagentur zusätzliche Aufgaben im Bereich Verbraucherschutz. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Dezember haben Verbraucherinnen und Verbraucher neue Rechte bei Telefon-, Web- und Mobilfunkverträgen.
Zu den wichtigsten Änderungen gehören kürzere Kündigungsfristen bei automatischer Vertragsverlängerung, ein Minderungsrecht bei nicht gelieferten Bandbreiten sowie Entschädigungszahlungen bei Telefon- und Internetausfällen und bei versäumten Techniker-Terminen. Bei Streitigkeiten mit dem Anbieter sucht die Schlichtungsstelle der Regulierungsbehörde nach einer gemeinsamen Lösung.
Die Behörde kann seit Oktober auch leichter gegen ungebetene Werbeanrufe vorgehen. Unternehmen, die übers Telefon Produkte oder Dienstleistungen verkaufen wollen, müssen die vorherige Zustimmung des Verbrauchers zu dem Anruf dokumentieren und fünf Jahre lang aufbewahren.
Das schreibt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge vor. Mit der neuen Regelung kann die Netzagentur unerlaubte Telefonwerbung effizienter verfolgen und auch Bußgelder verhängen.
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Korrektur: In einer früheren Model dieses Textes conflict Olaf Lief als Wirtschaftsminister bezeichnet worden. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.