Düsseldorf, Stuttgart Volkswagen und Bosch planen eine Kooperation zur Ausstattung von Batteriezellfabriken. Dazu wurde jetzt eine Absichtserklärung unterzeichnet, wie die Unternehmen am Dienstag mitteilten. Bei dem Projekt geht es um den Aufbau integrierter Batterieproduktionssysteme, um Batteriezell- und Systemhersteller bei Hochlauf und Wartung vor Ort zu unterstützen.
Jeweils 40 Entwickler aus beiden Konzernen sollen bis Ende 2022 die Machbarkeit prüfen und die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens vorbereiten. Bosch und Volkswagen wollen bei der Ausrüstung von Batteriezellfabriken führend sein, was Kosten und Technologie betrifft.
Bislang dominieren asiatische Konzerne den Milliardenmarkt. Es geht nicht nur um die Ausstattung der sechs eigenen Zellfabriken des Volkswagen-Konzerns, sondern auch um die anderer Auto- und Batteriehersteller. Das „Supervisor Magazin“ hatte zuerst über das neue Gemeinschaftsprojekt berichtet.
Vergangenen November hatte Sebastian Wolf, Batteriespezialist von Volkswagen, dem Handelsblatt bereits angedeutet, dass Bewegung in dem Thema ist. „Wir sind überzeugt, dass europäische Anlagenbauer die Probability haben, ihr Know-how auch in den neuen Feldern zu nutzen und eine bedeutende Rolle im Aufbau der Batteriezellfertigungen in Europa zu spielen“, sagte Wolf damals. Der Ingenieur wechselte im August vom chinesischen Batteriezellhersteller Farasis zu Volkswagen. Dort verantwortet er den Aufbau der Batteriefabriken im schwedischen Skelleftea und in Salzgitter.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Wolf sagte, dass sich eine europäische Lieferkette mit bekannten und neuen Akteuren in der Entstehung befinde. Diese Unternehmen würden sich genauso auf das Thema Zellherstellung spezialisieren, wie die asiatischen Anlagenbauer es getan hätten. „Europa wird zum Herausforderer im globalen Batteriewettrennen“, sagte Wolf.
Schlüsselrolle für Bosch
Bosch kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Zwar verweigerte der Autozulieferer 2018 nach jahrelanger Prüfung den Einstieg in die Batteriezellfertigung. Sie sei zu teuer, zu riskant und bringe zu wenig Marge, urteilte das Administration seinerzeit.
Doch die Elektromobilität kommt schneller voran als damals erwartet. Weil Engpässe drohen und die Versorgungssicherheit bei dieser Schlüsselkomponente der Elektroautos gefährdet ist, investieren Volkswagen und Daimler Milliarden in eigene Batteriefabriken, um nicht von Asien abhängig zu sein. Immer wieder machten die Autokonzerne Druck auf Bosch, die Entscheidung zu revidieren.
Vergangenen Sommer kündigte Bosch dann doch an, zumindest Fertigungstechnik für andere zu liefern. Bosch bündelte die Kompetenzen im Maschinenbau und bietet seither Unternehmen Fabrikausrüstungen für die Batterieproduktion aus einer Hand – von einzelnen Komponenten über Softwarelösungen bis hin zu kompletten Montagelinien.
Pilotkunde beim Einstieg in das Geschäftsfeld ist bislang Webasto, bekannt durch Schiebedächer und Standheizungen. Seit 2016 bauen die Bayern auch Hochvoltheizer, Ladelösungen und Batteriesysteme für Elektroautos. Auch Zahlen nannten die Schwaben: 2025 soll insgesamt ein Jahresumsatz von 250 Millionen Euro erreicht werden. Für den gesamten Zeitraum bis 2025 strebt Bosch in dem Bereich einen Umsatz von insgesamt einer Milliarde Euro an. Wenn Volkswagen jetzt mit von der Partie ist, könnte auch leicht deutlich mehr daraus werden.
Ein Gemeinschaftsunternehmen wäre für Bosch ein Einstieg über die Hintertür in die Batteriefertigung. Die Schwaben hatten mehrere Hundert Millionen Euro investiert, um den Batterieeinstieg auszuloten, und verfügen auch über entsprechendes Fertigungs-Know-how. „Wir verstehen das ‚Produkt Batterie‘ und wissen, wie es gefertigt werden muss“, erklärte Bosch-Geschäftsführer Rolf Najork immer wieder.
Volkswagen trägt finanzielles Risiko mit
Offensichtlich ist auch Volkswagen am Wissen der Schwaben interessiert und jetzt auch bereit, deren finanzielles Risiko mitzutragen. Nicht auszuschließen ist, dass Bosch eines Tages die Fabriken für Volkswagen auch betreibt. Eine eigene Batteriezellfertigung selbst im Konzern aufbauen will Bosch auch weiterhin nicht.
Wenn schon Anlagen von Bosch zum Zuge kommen, dann ist jedoch denkbar, dass die Auftraggeber mit der Zeit auch auf ein noch größeres Engagement drängen. Volkswagen-Chef Herbert Diess, der größte Kunde in Europa, macht keinen Hehl daraus, dass er die Zulieferer bei der Herstellung von Batteriezellen in der Pflicht sieht – auch was die finanzielle Belastung angeht.
Experten des Bundeswirtschaftsministeriums gehen davon aus, dass die Nachfrage bei Lithium-Ionen-Batterien von rund 200 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2019 auf mehr als 2000 GWh bis 2030 steigt. Über 60 Prozent entfallen nach Angaben des Verbands der Deutschen Automobilindustrie derzeit auf die Elektromobilität. Tesla allein plant für seine Gigafactory in Grünheide bei Berlin eine Kapazität von 100 GWh.