Sie wollten Waffen und bekamen Worte: Die Regierung der Ukraine zeigte sich am gestrigen Montag enttäuscht nach dem Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock. Hatte ihr Grünen-Parteifreund Robert Habeck vor Monaten noch anlässlich einer Kiew-Visite von Defensivwaffen gesprochen, die man liefern könne, so battle die 41-Jährige nun ganz auf Diplomatie und Friedenstalk eingestimmt. Es gebe „nicht diese eine Zaubertür“, die man öffnen könne und schon sei alles vorbei, sagte sie.
Aber vielleicht gelingt es ihr ja heute in Moskau wenigstens bei Außenminister Sergej Lawrow, ein paar Fensterläden zu öffnen. Die Politik maximaler Sanktionen gegen Russland, dass seine Soldateska in Belarus aufziehen lässt, scheint verpufft, ehe sie überhaupt begonnen hat.
Tatsächlich verfolgten Europa und die USA nicht mehr den Plan, russische Banken vom Zahlungsdienstleister Swift und damit von globalen Finanzmärkten abzuklemmen, heißt es in unserer Titelstory. Die Lage sei „ernst, sehr ernst“, sagt Kanzler Olaf Scholz – und fordert von Russland Deeskalation, ohne „Nord Stream 2“ in den Mund zu nehmen.
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Verkehrsminister Volker Wissing hatte auf dem Handelsblatt-Energiegipfel eine Botschaft, für die er viel Geld geben will. Sie lautet: so viele Schnellladesäulen wie möglich durch dezentrale Lademöglichkeiten und über alle Bezahlwege. Konkreter wurde es auch nach hartnäckigem Nachfragen durch Chefredakteur Sebastian Matthes nicht. Der FDP-Politiker erzählte aber, wie ihn Nachrichten aus einem nicht in Elektromobilität verliebten Land erreichen.
So rapportierte ein Gewährsmann, in einer Kommune entstehe ein Parkhaus und 300 Stellplätzen mit lediglich drei Ladestellen – „da ist offenkundig eine Botschaft nicht angekommen“, vermerkt Wissing. Die Frage der Morning-Briefing-Leserfreunde, wann denn das Tempolimit auf Autobahnen komme, moderierte er rasch ab: „Ein ganz kleines Thema, auch wenn es ein emotionales ist.“
Apropos Ladesäulen: Davon findet man an den unbewirtschafteten, bundeseigenen Rastanlagen der Autobahn gerade mal ein Exemplar. Sie wissen schon, das sind die Plätze, die man mit röhrendem Motor schnell wieder verlässt.
200 Lademöglichkeiten sollen jetzt dort entstehen – doch die 40 Minuten Ladezeit werden E-Autofahrer ohne Outlets oder Gastronomie verbringen müssen. Attraktiv ist das nicht, wohl aber ein Schutz des Raststätten-Monopolisten Tank & Rast, der in 90 Prozent des Marktes eine Lizenz zum Abzapfen der Kundengelder hat.
Für den weiteren Ladesäulenausbau dort gibt es im Übrigen keine Ausschreibung, auch das ist eine Hilfe für das unter anderem von der Allianz kontrollierte Unternehmen. An der Zwei-Klassen-Welt mit massiven Nachteilen für Fahrer von E-Autos wird sich bis auf Weiteres nichts ändern, macht eine Erklärung von Tank & Rast klar: „Es gibt seitens des Gesetzgebers aus gutem Grund eine grundsätzliche systematische Unterscheidung zwischen bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen.“ Der Grund ist Geld und nennt sich „Monopolgewinn“.
Wenn wir schon bei den Feinden des Wettbewerbs sind, schwenken wir doch gleich einmal zu den Web-Giganten born within the USA. Bis vor vier Jahren hieß es bei Google: „Don‘t be evil“, sei nicht böse. Inzwischen verkündet, ganz ohne Verneinung, die Obergesellschaft Alphabet einen vereinfachten kategorischen Imperativ: „Do the precise factor“. Noch jedes Monopol battle stets besonders kreativ und spendabel, wenn es darum ging, nicht als Monopol zu erscheinen.
So finanziert die Google-Tochter YouTube in den USA – wo nunmehr harte Kartellverfahren drohen – überall rührselige Anzeigen, die angeblich beweisen, wie sozial nützlich die Video-Schleuder ist.
Auch Google und Fb hämmern Spot auf Spot die Botschaft: Ja, wir sind die Guten. Und der Tech-Verband Netchoice wiederum spendierte im Dienst der digitalen Famous person-Firmen mehr als eine Million Greenback für Imagewerbung. Wenn das alles nicht hilft, bleiben ja noch die politischen Drückerdienste des Lobbyismus: Dafür gaben Amazon und Fb 2021 jeweils rund 15 Millionen und Alphabet quick neun Millionen Greenback aus.
Wie schrieb Publizist Vance Packard so schön: „Werbung ist die Kunst, auf den Kopf zu zielen und die Brieftasche zu treffen.“
Sportliche Wettkämpfe sind in diesen Tagen so gerecht wie die Ziehung der Lottozahlen: Man braucht schon ziemlich viel Glück, um weiterzukommen – was bedeutet, von Corona verschont zu bleiben.
Die deutschen Handballer jedoch sind bei der Europameisterschaft in der Slowakei und in Ungarn von Pech verfolgt. Für das Spiel gegen Polen am heutigen Dienstagabend fallen sage und schreibe sieben Spieler aus, alle wurden positiv getestet. Betroffen sind unter anderem die Stamm-Rückraumspieler Kai Häfner und Julius Kühn sowie der erfolgreiche Torschütze Timo Kastening.
Alle Sieben haben sich auf ihren Einzelzimmern im Teamhotel in Isolation begeben. Der Verband redet mit Spielern, Bundesligavereinen und der Europäischen Handballföderation darüber, welche Spieler nachnominiert werden.
Kommende Woche wird der Bundestag die große Orientierungsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht starten. Wir möchten Ihre Meinung wissen: Wie stehen Sie zur allgemeinen Impfpflicht – und warum? Spaltet die Frage die Gesellschaft oder führt die Impfpflicht aus der Bredouille? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in fünf Sätzen. Ausgewählte Beiträge veröffentlichen wir mit Namensnennung am Donnerstag gedruckt und on-line.
Und dann ist da noch die BBC, die im Oktober 100 Jahre alt werdende britische Rundfunkanstalt, die am Ehrentag womöglich die eigene Bestattung planen kann. Get together-Premier Boris Johnson, derzeit auf der Suche nach für ihn populären Erzählstoffen, hat seine eigenen Vorstellungen von der „reeducation“ der viel zu frechen öffentlich-rechtlichen Senderkette. Sein Drei-Stufen-Plan:
- die Gebühr von umgerechnet 190 Euro professional Jahr bis 2024 einfrieren,
- von 2024 bis 2027 das BBC-Bürgergeld allenfalls sehr moderat steigen lassen
- und dann soll wirklich Schluss sein mit der Rundfunkgebühr – und die BBC durch eine Teilprivatisierung und Abo-Modelle zu Geld kommen. Tausende Jobs sowie etliche Programme und Spartensender stünden damit zur Disposition.
Die Tage seien vorbei, „an denen älteren Menschen mit Haftstrafen gedroht wird und Gerichtsvollzieher an Türen klopfen“, sagt Kulturministerin Nadine Dorries: „Wir können es einfach nicht rechtfertigen, den Geldbeutel hart arbeitender Haushalte zusätzlich zu belasten.“
Im Vereinten Königreich hat die Dame als Kurzzeit-Akteurin im TV-„Dschungelcamp“ einen gewissen Ruf zu verlieren. Wir rufen ihr warnend aus dem „Dschungelbuch“ von Walt Disney zu: „Keine Feier ohne Geier!“
Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Tag.
Herzliche Grüße
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
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