Frankfurt Die Idee warfare quick schon tot, doch sie lässt die Sparkassen einfach nicht los. Selbst Verbandspräsident Helmut Schleweis hatte seinen Traum von der zügigen Konsolidierung des Sektors schon aufgegeben, doch trotz des hartnäckigen Widerstands von vielen Seiten wollen wichtige Spieler im Sparkassenlager die Schaffung eines Zentralinstitut weiter vorantreiben und entwickeln konkrete Pläne dafür.
„Dieses Spitzeninstitut muss in erster Linie als Dienstleister für uns Sparkassen agieren und darf im Endzustand nur Risiken in einer Größenordnung haben, die wir Sparkassen uns auch leisten können“, betonte Strohmaier. Im Idealfall seien die Sparkassen alleiniger Eigentümer dieses Instituts.
Wenn diese Voraussetzungen gegeben seien, werde man in der gesamten Sparkassen-Organisation wenig Widersprüche hören, glaubt Strohmaier. „Die Herausforderung ist sicherlich der Weg dahin.“
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Strohmaier ist Chef der Sparkasse Niederbayern-Mitte und vertritt die Interessen der Sparkassenvorstände innerhalb des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Sein Vorgänger warfare der heutige DSGV-Präsident Schleweis.
Der 67-Jährige kämpft seit Langem für die Schaffung eines Zentralinstituts, ist dabei wegen Widerständen innerhalb des Sektors jedoch kaum vorangekommen. Im September machte Schleweis seinem Ärger im Handelsblatt-Interview Luft und beerdigte darin auch seine Hoffnungen auf eine zeitnahe Fusion der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mit dem Fondsanbieter Deka.
Vorschlag sieht Bilanzsumme von 500 Milliarden Euro vor
„Erfolgreiche Gespräche kann man nur führen, wenn es dafür den notwendigen Willen aller Eigner gibt, die zustimmen müssen“, sagte Schleweis. Da es diesen nicht gebe, sei es aktuell nicht sinnvoll, sich weiter mit einem Zusammenschluss zu beschäftigen. „Ich verschwende keine Managementkapazitäten auf etwas, das notwendige Teile der Eigner ausdrücklich nicht wollen.“
In der Sparkassen-Finanzgruppe sorgten die Aussagen von Schleweis für heftige Diskussionen und einen Aufschrei der Befürworter eines Zentralinstituts. Sie argumentieren, der öffentlich-rechtliche Sektor müsse sich angesichts des Wettbewerbsdrucks und der kritischen Begleitung durch die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank effizienter aufstellen – und könne die Pläne für ein Zentralinstitut deshalb nicht advert acta legen.
Daraufhin wurden die Diskussionen über ein Zielbild für ein Zentralinstitut wieder aufgenommen. Der Sparkassen-Verband Hessen-Thüringen, dem die Helaba mehrheitlich gehört, brachte dabei seine Überlegungen in die Diskussion ein.
Die Pläne sehen Finanzkreisen zufolge vor, dass das Zentralinstitut eine Bilanzsumme von rund 500 Milliarden Euro haben soll. Das würde in etwa eine Halbierung des Bilanzvolumens aller Landesbanken bedeuten sowie eine deutliche Risikoreduktion. Dem Vorschlag zufolge soll das Zentralinstitut in wesentlichen Geschäftsfeldern wie Immobilien und Unternehmenskunden vertreten sein, um die Sparkassen in diesen Bereichen unterstützen zu können – auch mit einem Netz von Auslandsstandorten.
Einen konkreten Zeitplan, ob oder wann über den Aufbau eines Zentralinstituts weiterdiskutiert wird, gibt es Insidern zufolge bisher aber nicht. An eine zeitnahe Einigung glaubt kaum jemand. Strittig ist unter anderem die Frage, wer alles Teil eines Spitzeninstituts werden soll. Manche Beteiligte sehen die Deka als integralen Bestandteil, andere wollen sie lieber als unabhängiges Wertpapierhaus bewahren.
Die Helaba plädiert schon seit Längerem für Zusammenschlüsse unter öffentlich-rechtlichen Spitzeninstituten und hatte wie die Deka auch ein Angebot für die Berlin Hyp abgegeben. Dass am Ende mit der LBBW ausgerechnet das Geldhaus den Zuschlag für die Immobilienfinanzierer bekam, das sich klar gegen ein Zentralinstitut ausgesprochen hat, werten manche als Rückschlag für Schleweis.
Genossenschaftliches Spitzeninstitut DZ Financial institution gilt als Vorbild
Befürworter einer weiteren Konsolidierung erhoffen sich langfristig niedrigere Kosten sowie mehr Effizienz und verweisen auf die schärfsten Konkurrenten, die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie kommen mit einem Spitzeninstitut, der DZ Financial institution, aus – und haben anders als die Sparkassen auch nur einen Versicherer und eine Bausparkasse.
Viele Sparkassen wollen deshalb Veränderungen, denn die Herausforderungen sind groß. Die zunehmende Digitalisierung des Geschäfts erfordert weitere Investitionen, die Negativzinsen lasten auf dem Geschäftsmodell.
Für eine weitere, potenziell teure Herausforderung sorgte im vergangenen Jahr der Bundesgerichtshof. Nach dem Urteil der Karlsruher Richter müssen die Banken ihre Kundinnen und Kunden vielfach um explizite Einwilligung zu den aktuellen Gebühren bitten und unter Umständen Entgelte zurückzahlen.
Das oberste deutsche Zivilgericht hatte Ende April 2021 geurteilt, dass Banken und Sparkassen bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Bis dahin haben Banken und Sparkassen die Gebühren üblicherweise über Klauseln erhöht. Danach gingen sie von einer stillschweigenden Zustimmung der Kunden aus, wenn diese einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprachen.
Strohmaier zufolge sind Rückforderungen von Gebühren „nach wie vor bei Weitem die Ausnahme“. „Ich bin davon überzeugt: Die Leistungen der Sparkassen waren jederzeit clear und die Gegenleistungen auch einen Preis wert.“ Bei der Sparkasse Niederbayern-Mitte seien bisher Rückerstattungsansprüche nur im Promillebereich der infrage kommenden Kunden gestellt worden, sagte Strohmaier.
Risikovorsorge 2021 etwa auf Niveau des Vorjahres
Man arbeite derzeit „mit Hochdruck an der Zustimmungsaktion“. „Denn es ist unser Ziel, mit unseren Kundinnen und Kunden möglichst langfristige Kundenbeziehungen zu erhalten. Die Beendigung von Verträgen ist deshalb keinesfalls unser Ziel, sondern immer nur das letzte Mittel, wenn eine Einigung definitiv nicht gelingt“, erklärte Strohmaier weiter.
Bei einer anderen zentralen Herausforderung zeigt sich der Sparkassenfunktionär optimistisch. Mit Blick auf die Coronapandemie verweist Strohmaier darauf, dass gerade die mittelständischen Unternehmen „eine erstaunlich robuste Widerstandsfähigkeit“ gezeigt hätten. „Gegenwärtig gehe ich nach meinen Informationen davon aus, dass sich die Risikovorsorge der Sparkassen 2021 in etwa auf dem Vorjahresniveau bewegen wird. Dies bestätigt sich auch in meiner Sparkasse Niederbayern-Mitte.“
Im Jahr 2020 hatten die Sparkassen die Coronakrise intestine weggesteckt. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft verdoppelte sich zwar auf 1,3 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern betrug aber immer noch 4,1 Milliarden Euro, 145 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Dabei ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass die Zuführung zu den Vorsorgereserven sich nur noch auf 2,7 Milliarden Euro perception – ein Jahr zuvor waren es noch mehr als vier Milliarden Euro.
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