Boeing sorgt erneut für negative Schlagzeilen. Wie gut sind die Qualitätskontrollen des Unternehmens?
Ein sogenannter Whistleblower beschuldigt das Luftfahrtunternehmen Boeing, die Sicherheits- und Qualitätskontrollen ihrer Maschinen fahrlässig auszuführen. Andere Quellen bekräftigen dies. Anlass für die Vorwürfe ist ein Vorfall, der sich Anfang des Jahres an Bord des Alaska-Airline-Fluges 1282 ereignet hat. Dabei war in einer Höhe von 1.600 Fuß (ca. 488 Meter) eine Rumpfplatte, die als Türstopfen diente, um ein Loch im Rumpf der Maschine zu verdichten, aus den Angeln gerissen worden. Das geht aus mehreren US-Medienberichten hervor.
In der „Seattle Times“ äußerte sich eine Person aus dem industriellen Umfeld von Boeing zu dem Vorfall. Demnach sei die Rumpfplatte zuvor zur Reparatur entfernt und anschließend von Boeing falsch wieder angebracht worden. Das National Transportation Safety Board (Bundesbehörde für Zivilluftfahrt) untersuche zurzeit den Vorfall. Sollten sich die Annahmen bestätigen, wäre Boeing für das Versagen verantwortlich und nicht Spirit AeroSystems – der Zulieferer des Luftfahrtunternehmens.
Ereignisse häufen sich
Der Vorfall habe sich – kurz nach dem Start – bei einem Flug von Portland nach Ontario in Kalifornien ereignet. Mehr dazu lesen Sie hier. Das Flugzeug erlitt einen großen Druckverlust und musste in Portland notlanden, berichtete die „Seattle Times“. Besorgniserregend sei, dass sich die Ereignisse offenbar häuften. Bereits im Jahr 2018 war es zu tödlichen Flugzeugabstürzen zweier 737-Max-Maschinen von Boeing gekommen. Seitdem stehe das Unternehmen unter besonderer Beobachtung.
„Der Grund, warum die Tür weggeflogen ist, steht schwarz auf weiß in Boeings eigenen Unterlagen“, schrieb ein selbst ernannter Whistleblower auf einer Luftfahrt-Webseite. „Es ist außerdem sehr, sehr dumm und spricht Bände über die Qualitätskultur in einigen Bereichen des Unternehmens.“ Die Arbeit der Mechaniker am Türstopfen hätte von einem Boeing-Qualitätsprüfer offiziell geprüft und abgenommen werden müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen, so der Whistleblower.
Mechaniker müssen oft unter starkem Zeitdruck arbeiten
Es sei ein Problem, dass die Mechaniker oft unter großem Zeitdruck arbeiten müssten. Daher sei auch der Aus- und Wiedereinbau des Türstopfens aufgrund eines Fehlers nie in das Computersystem eingegeben worden. Deshalb sei auch keine Qualitätsprüfung erfolgt.
„Wenn die Leute unter Druck stehen und gehetzt werden, denken sie, dass sie den Papierkram später erledigen können“, sagte Ed Pierson, ein ehemaliger Manager der Max-Produktionslinie und selbst Whistleblower. „Dann geht es von Schicht zu Schicht und man weiß nicht, ob die nächste Schicht es bekommen hat oder nicht.“
Ed Pierson, der sich bereits 2018 bei den beiden Abstürzen besorgt über die Intensität der Qualitätsprüfungen geäußert hatte, unterstützt den Verdacht seines Kollegen. Demnach würde der Bericht über die Fehlinstallation und den Fehler bei der Aufzeichnung „sehr gut mit dem übereinstimmen, was ich persönlich in der Fabrik gesehen habe“, so Pierson in der „Seattle Times“.