Am Dienstagabend lud der AfD-Kreisverband in Eitorf zu einem Bürgerdialog ein. Vor Ort gab massive Proteste. Im Bürgerhaus selbst wurden radikale politische Ansichten verlautbart.
Ein verregneter Dienstagabend im beschaulichen Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis. Unmittelbar vor dem Bahnhof der knapp 20.000 Einwohner-Gemeinde haben sich gegen 17.30 Uhr bereits mehrere hunderte Demonstranten versammelt. Mit Sprechchören, bunten Regenschirmen und zahlreichen Plakaten protestieren sie gegen den in einer Stunde stattfindenden „Bürgerdialog im Januar“ im Bürgerzentrum Eitorf, etwa 300 Meter vom Versammlungsort entfernt. Die Polizei spricht später von 3000 Demonstranten, die sich im Regen zusammengefunden hatten.
Auf dem Flyer für die Veranstaltung hatte die AfD, die am Abend mit drei Mitgliedern des Bundestags vor Ort ist, unter anderem mit dem Schlagwort „Remigration“ geworben. Ein „Bericht aus dem Bundestag“ ist für den Abend angedacht, man gibt sich bürgernah.
Kritik an der Gemeinde bereits im Vorfeld
Bereits im Vorfeld hatte es für die Veranstaltung reichlich Kritik an der Gemeinde Eitorf gegeben. In sozialen Netzwerken rief Bürgermeister Rainer Viehof dazu auf, sich an der Demonstration zu beteiligen – und nahm selbst daran teil.
Kurz vor Beginn des Protestmarsches, der nah an der Veranstaltungsstätte vorbeiführt, ist die Stimmung unter den Demonstrierenden friedlich, fast ausgelassen. Zahlreiche Parteien, die die Demonstration unter dem Motto „Eitorfer Bündnis gegen rechts“ angemeldet haben, zeigten Präsenz. Auch Anwohner wie Sabine Houtwrow, 43, die heute mit ihrem Sohn hier ist. „Es ist ein wichtiges Zeichen, hier heute vor Ort zu sein“ sagte sie und betonte: „Eitorf ist ein multikultureller Ort, und das möchte ich heute hier auch zeigen.“
Kurz nach 18 Uhr haben sich vor dem Bürgerzentrum schließlich zwei Lager gebildet, AfD-Anhänger und Bürger, die dem Dialog beiwohnen, sowie Gegendemonstranten. Dabei wirkt das Bürgerhaus am Abend politisch paradox. Denn vor dem, mit vielen kleinen internationalen Wimpel-Flaggen verzierten Gemeindehaus halten AfD-Sympathisanten ein Banner mit der Aufschrift „Migration hat ihre Grenzen“ hoch. Über dem Eingang des Bürgerzentrums haben Anwohner dagegen Transparente mit der Aufschrift „Das Siegtal bleibt bunt“ und „Hass ist keine Meinung“ angebracht. Ein politisches Duell in der deutschen Provinz.
Getrennt von auffällig wenig Polizisten und einem Zaun stehen den AfD-Sympathisanten zahlreiche Gegendemonstranten gegenüber. Einige Protestierende haben unmittelbar vor dem Eingang ein Transparent gespannt, dessen Stangen so groß sind, dass man, wenn man in das Bürgerzentrum hinein möchte, erst einmal durch dieses improvisierte Tor mit der Aufschrift „AfD wählen ist so 1933“ hindurch muss – ein deutliches Signal der Demonstrierenden für jene Bürger der Gemeinde, die zu der AfD-Veranstaltung möchten.
„Ihr kommt doch gar nicht aus Eitorf, ihr Lieben“
Die Polizisten versuchen, die Menge zu beruhigen und das gelingt auch ganz gut, bis schließlich, kurz vor 18.30 Uhr, dem eigentlichen Veranstaltungsbeginn, Roger Beckamp, MdB für die AfD des Kreisverbandes im Rhein-Sieg-Kreis, vor die Protestierenden tritt und in ein Megafon spricht. „Ihr kommt doch gar nicht aus Eitorf, ihr Lieben“, so Beckamp. Schließlich, nachdem die Fernsehkameras diesen Auftritt begleitet haben, geht Beckamp, gefolgt von Begleitern in schwarzen Rollkragenanzügen, zurück in den Saal.